Sonntag, 21.03.2010/ Montag, 22.03.2010
Die Geburt unserer Tochter
Morgens gegen 6:30 Uhr weckt mich unser Sohn (*06/2008) zum Stillen. Während ich im Bett sitze und ihn über den Topf halte passiert es: Die Fruchtblase platzt! Im Bad sehe ich, dass das Fruchtwasser klar ist und mit Käseschmiere durchsetzt ist. Also geht es dem Baby gut.
An diesem Tag frühstücken wir alle gemeinsam, ich kann keinen Schlaf mehr finden. Wir warten noch etwas, bevor wir später am Vormittag die Hebammen anrufen. Gegen 10 denken wir: Genug geschlafen! Und geben die Infos durch. Meine Wehen sind schwach und unregelmäßig. Wir verabreden später noch einmal zu telefonieren, Betreuung brauche ich noch nicht. Später übergibt mein Mann unseren Sohn meinen Eltern, die sich um ihn kümmern werden.
Den Tag über verbringen wir im Wohnzimmer entspannt auf dem Geburtsbett, Wir genießen die Ruhe und nicken immer wieder ein. Ich kann mich ansonsten auf nichts konzentrieren. Mein Mann holt Pizza und Eis. Obwohl wir uns sonst vollwertig ernähren, habe ich heute Lust auf etwas anderes. Der Tag plätschert entspannt dahin.
Am Abend bekomme ich von Jule (die jetzt im ersten Dienst ist und die Geburt leiten wird) den Auftrag einen Spaziergang zu machen und ein Bad zu nehmen. Aber die Wehen bleiben belanglos und sie „droht“ mir einen Wehencocktail für morgen früh an. Ich bekomme Angst und sehe schon eine Verlegung und das Skalpell vor meinem inneren Auge aufblitzen. Aber Meike und Jule sind ganz zuversichtlich und machen mir Mut.
Wir legen uns schlafen. Um Mitternacht wecken mich kräftige Wehen – endlich! Ich gehe in das Wohnzimmer, wo ich sie eine Weile alleine sitzend veratme und auf „Aaaaah“ vertöne um den Muttermund zu öffnen. Mein Mann ruft die Hebammen und gegen 2 Uhr, schon eine Stunde später sind sie da, obwohl man so lange allein für die Fahrt zu uns braucht. Jule untersucht mich: Muttermund bei 2-3 cm, also ganz am Anfang der Geburt, dem Kind geht es gut. Ich veratme meine Wehen weiter, sie sind sehr stark, sehr anstrengend und kommen ohne nennenswerte Pausen hintereinander. Aua. Meike und Jule beobachten mich. Eine knappe Stunde später untersucht mich Jule erneut. Ich bin gespannt. Immer noch 2-3 cm! Immer noch ist der MuMu nach hinten verschoben! Es hat sich GAR NICHTS getan!! Ich rechne: Pro Stunde 1 cm, also noch 7-8 Stunden bis zur Geburt!! Ich bin völlig demotiviert.
Das es dem Kind immer noch prima geht nehme ich gar nicht wahr. Jule versucht Fruchtwasser abzulassen, aber die Wehenpause ist nicht lang genug. Sie bricht ab, da es mir unangenehm ist. „Ich kann das Köpfchen auf meinem Finger tanzen spüren. Deine Tochter versucht den Muttermund zu öffnen. In der sitzenden Position kommen wir nicht weiter. Gehe zweimal die Treppe ‘rauf und ‘runter.“ Ich denke faul: ‚Och nööö’, mache mich aber auf. Auf der Treppe überkommt mich eine wahnsinnig starke Wehe, ich hänge mich an die Arme meines Mannes, mein Geburtsseil, und gehe in die Knie. Wieder unten überkommt mich die nächste Hammerwehe. Ich vergesse das Vertönen und schreie irgendwann nur noch. „Ich muß mal!“. Ich gebe mich dem Drang zu öffnen hin, falle in die Hocke. Jule tastet meinen Bauch: „Du hast gar keine Wehe mehr.“ Aber es zieht immer noch in den Leisten. Im Nachhinein vermute ich, dass sich nun der Muttermund blitzschnell öffnete. Wir gehen zur Toilette und dort überkommt mich die nächste Monsterwehe, wie ein Löwe brüllend umklammere ich den Fentersims. Jule ist sofort bei mir und kann schon das Köpfchen tasten! Von wegen 7-8 Stunden, es ist gerade mal eine Viertelstunde vergangen! Schnell wird mir vom Klo geholfen, ich lande im Vierfüßler davor. Ob ich wieder ins Wohnzimmer umziehen möchte? Ich möchte nicht. Die Hebammen haben alles so schnell herbeigeschafft und ausgelegt, das habe ich gar nicht mitbekommen. Meike dirigiert mich in die tiefe Hocke, ich freue mich. Sie hat mir von der Position erzählt, weil das Verletzungsrisiko da so gering ist. Ich möchte keine Geburtsverletzung haben. Mein Mann wird auf das Klo gesetzt und ich stütze mich an seinen Knien ab. Ich presse, presse, presse… „Stopp!“ Ich soll nur während der Wehen pressen, ansonsten kann sich der Damm nicht langsam dehnen und ich würde reißen. Ich spüre Jule mit den Dammkompressen. Dann ist wie plötzlich da, unsere kleine Tochter! Sie liegt vor mir auf den eilig ausgebreiteten Unterlagen, seitlich und hat am Rücken noch ein wenig Käseschmiere. Ganz rosig ist sie. Sie schreit und schreit und schreit. Schnell nehme ich sie in die Arme. Sie wird ruhiger, ist aber immer noch außer sich. Ich nabele meine süße Tochter ab. Jule schaut nach der Plazenta, ich soll pressen. Ich frage, ob wir nicht noch warten können, aber da kommt sie schon mit der nächsten Wehe. Jule zeigt sie uns ausführlich. Später ziehen wir ins Wohnzimmer um, wo unsere Tochter untersucht, gemessen, gewogen, abgetupft und angezogen und das erste Mal gestillt wird. Und ein weiterer Traum ist in Erfüllung gegangen: Ich bin unverletzt geblieben!
Wir stoßen mit einem Glas Champagner auf die Ankunft der Kleinen an. Und früh um 6 Uhr machen sich Meike und Jule auf den Weg, einem langen Arbeitstag entgegen. Wir bleiben kuschelnd und schlafend zu dritt in unserer warmen Höhle zurück.
Am Nachmittag bringen meine Eltern unseren Sohn, der, wie wir, ganz begeistert von seiner kleinen Schwester ist.
Dank an Jule und Meike! Es war toll!!! Schade, dass ich gerade ausgelastet bin, 2 Kinder stille, sonst wäre ich sicher schon wieder schwanger! Ganz toll war, dass Jule mich die Treppe hochgescheucht hat und Meike mir in die tiefe Hocke geholfen hat. Danke!!
Aber Vorsicht! An alle die Zuhause gebären möchten: Es macht süchtig 😉
Anika schrieb am :
Oh, was für ein schöner Bericht. Der treibt mir doch das Pipi in die Augen.
Danke dafür, liebe C.!
Jana schrieb am :
Hallo ihr 4.
Ich kenne euch gar nicht, aber dein Eintrag hat mir sehr gefallen, er sollte vielen Paaren Mut zur Hausgeburt machen 🙂 Außerdem finde ich es super schön, dass du „Tandem“ stillst, klasse!!! Wir hatten auch eine tolle Hausgeburt (mit Meike und Elisa) und auch ich stille meine 20Monate alte Tochter noch.
Viele Grüße und ganz viel Spaß mit euren zwei Kindern.