Rubens Geburt am 12.3.12 aus zwei Perspektiven

Annas Sicht der Dinge:

Am Samstag, 10.03.12, dem errechneten Geburtstermin fragte mich eine befreundete Hebamme, was mein Gefühl sei, wann unser Sohn zur Welt käme und plötzlich war mir völlig klar:

Spätestens Dienstag ist er da!

Selbst etwas überrascht von der Sicherheit mit der mich dieses Gefühl befallen hat, stellte ich es umgehend in Frage und glaubte selber nicht mehr daran.

Selbst als ich am Sonntag um halb neun von einer Wehe geweckt wurde, dachte ich pessimistisch, dass es trotzdem noch Tage dauern kann. Nachdem ich den ganzen Sonntag Wehen im Abstand von 8-15 min hatte, war ich sogar überzeugt davon, dass dieser Zustand noch Tage anhält.

All dieser Pessimismus hatte den Vorteil, dass ich positiv überrascht werden konnte 🙂

Der Sonntag verging also recht ruhig mit leichten, aber regelmäßigen Wehen, die mich aber immerhin zwangen, was auch immer ich tat zu unterbrechen. Es fanden einige lustige Telefonate mit Freundinnen statt, die etwa alle 10 Minuten das Vergnügen hatten, mit Benne zu sprechen. So gegen 19:30 Uhr riefen wir dann das erste Mal Sabine an, um sie vorzuwarnen. Mittlerweile war sogar mir relativ klar, dass es möglicherweise los ging. Wir sollten uns wieder melden, wenn die Wehen alle drei Minuten, für eine Minute blieben und das über zwei Stunden…

Nach dem Tatort hatte ich dann die putzige Idee, ich könnte vielleicht ein bisschen schlafen – was ich nach einer halben Stunde aufgab, denn plötzlich kamen die Wehen deutlich schneller und stärker, mussten veratmet werden und waren nur noch im Vierfüßlerstand zu ertragen. Wir zogen also aufs Sofa um, Benne protokolierte fleißig Wehen (per App…), die mittlerweile etwa alle sechs Minuten kamen, reichte mir den Eimer an, als ich mich übergeben musste, deckte mich in den Wehenpausen zu, packte die letzten Dinge in die Kliniktasche und stand mir die ganze Zeit ganz wunderbar bei und machte mir Mut. So verbrachten wir die Nacht, im viel zu kalten Wohnzimmer (Alle die es noch vor sich und wie wir eine Nachtabsenkung haben: abends immer schön heizen!).

Um 3:45 Uhr kamen die Wehen zu meinem Entsetzen immer noch „nur“ alle 4,5 Minuten, dauerten dann aber oft „erfreuliche“ zwei Minuten… Inzwischen waren die Wehen aber so stark, und ich so verkrampft, dass wir beschlossen, Sabine trotzdem anzurufen. Sie schlug vor, in die Badewanne zu gehen. In der Badewanne wurden die Wehen noch stärker und ich verkrampfte eher noch mehr, sodass ich nach genau zwei Wehen wieder draußen und auf meinem angestammten Sofaplatz war. Also riefen wir um 4:45 Uhr Sabine noch mal an und sie machte sich auf den Weg zu uns. Meine größte Sorge, als Sabine meinen Muttermund untersuchte, war ein frustrierender Befund, à la „2cm geöffnet“. Erfreulicherweise fiel das Ergebnis deutlich besser aus: Der Muntermund war 6-7cm geöffnet! – Ab ins Geburtshaus! – Wie es geht jetzt wirklich los?

Und: Ich soll mir was anziehen, die Treppe runtergehen und ins Auto steigen? Glücklicherweise waren sowohl Benne als auch Sabine erbarmungslos mit mir und meine Streik-Gedanken damit schnell aufgegeben. Die Autofahrt – auf der Rückbank rückwärts kniend mit dem Kopf auf der Ablage im Vierfüßlerstand die Wehen veratmend und mit dem zärtlichsten Fahrer den man sich vorstellen kann – war dann aber erstaunlich angenehm. Die Kurven haben mich sogar wieder etwas lockerer im Becken gemacht.

Dann um 6:20 Uhr am Geburtshaus aus dem Auto, auf dem Flur vor dem Geburtszimmer noch schnell eine Wehe auf der Heizung veratmet und aufs Himmelbett. 15 Minuten später ist dann auch direkt die Fruchtblase geplatzt und wenig später spürte ich bereits den Drang zu pressen, dem wirklich schwer zu wiederstehen war. Nebenbei ließ Sabine bereits Badewasser ein. Um 7:30 Uhr war die Badewanne voll und ich siedelte dorthin über. Nun kamen auch Lisa und die Schülerin Miriam dazu. Sabine untersuchte noch einmal den Muttermund und gab grünes Licht: Vollständig eröffnet, du darfst jetzt pressen! Endlich!

Und wenig später – es kommt uns vor, als seien es nur fünf bis sechs Presswehen gewesen – um 7:55 Uhr –  lag Ruben auf meiner Brust – der schönste und überwältigenste und unbegreiflichste und unbeschreiblichste Moment in unserem Leben!

Er krähte nur einmal kurz und schaute sich dann mit wachem, interessiertem Blick um. Alles bestens, ein gesundes und „rosiges“ Baby! Wir blieben noch etwas in der Badewanne, Benne durchtrennte die Nabelschnur und wir machten den ersten Stillversuch.

Dann durften Vater und Sohn sich in Ruhe kennenlernen, während wir auf die Plazenta warteten, die beschlossen hatte, dass es der Geburt eindeutig an Dramatik mangelte und dies ausglich indem sie auf die letzte Minute kam. Die Plazenta muss spätestens eine Stunde nach dem Baby geboren werden, sonst muss ins Krankenhaus verlegt werden. Um 8:50 Uhr war Sabine also im Begriff, mir Oxytocin zu spritzen, stach einmal daneben und während sie eine neue Kanüle holte, bekam ich eine starke Nachwehe und die Plazenta wurde um 8:54 Uhr geboren – auf die letzte Minute und ohne Oxytocin.

So wurde es tatsächlich eine Bilderbuchgeburt und uns die Fahrt in die Klinik erspart. Lediglich ein ganz kleiner Riss musste noch mit zwei Stichen genäht werden, dann gab es leckeres und extrem geselliges Frühstück im Esszimmer, da gerade ein Rückbildungskurs endete und der nächste begann, sodass wir direkt jede Menge Gratulanten hatten. 🙂

Mir war von Beginn der Schwangerschaft an klar, dass ich nicht im Krankenhaus entbinden möchte, mir eine Hausgeburt bei der ersten Entbindung dann aber doch etwas zu abenteuerlich ist. So war schnell klar, dass die Geburt im Geburtshaus stattfinden sollte. Nachdem ich beim Infoabend die tolle Atmosphäre und die großartigen Hebammen kennengelernt hatte, habe ich mich sofort angemeldet und diese Entscheidung war goldrichtig! Da ich selber per Kaiserschnitt zur Welt gekommen bin, hatte ich Sorge, dass auch bei meiner Entbindung etwas schief gehen könnte. Im Geburtshaus habe ich die Sicherheit und angenehme Atmosphäre gefunden, die ich brauchte, um entspannt und zum Glück völlig komplikationslos unseren Sohn auf die Welt zu bringen.

Herzlichen Dank an alle Hebammen! Ganz besonders an Jule, die mich in der Vorsorge begleitet hat und bei der wir den Vorbereitungskurs gemacht haben, an Sabine, die uns bei der Geburt und in der Nachsorge wunderbar betreut hat/noch betreut und an Lisa und Schülerin Miriam, die ebenfalls bei der Geburt dabei waren!

Ihr seid großartig!

Bennes Sicht der Dinge:

11.03.2012 – Ein Tag über dem errechneten Geburtstermin
ca. 9:30 Uhr:
Nach einer erholsamen Nacht erwache ich neben einer hellwachen Anna. Komisch, normalerweise schläft sie noch oder liest ein Buch. Mit leicht angespannter Stimme teilt sie mir mit, dass sie seit einer Stunde  in regelmäßigen Abständen Wehen hat…

Na Klasse, es geht los…

Trotz Allem bin ich recht entspannt. Die Hebamme meinte Anna hat das perfekte Becken, sie hat sich etliche Male in den kleinen Zeh pieksen lassen und einen Tee getrunken der nach Wiese schmeckt. Meiner Meinung nach kann man nicht mehr in Sachen Geburtsvorbereitung machen. Was soll man(n) sich also verrückt machen…

ca. 15:00 Uhr:
Die Wehentätigeit bleibt konstant in festen Abständen.
Hmmm… Irgendwie wird mir doch so langsam mulmig. In der Geburtsvorbereitung wurden doch einige Komplikationen aufgezählt: Nabelschnur eingeklemmt, Kaiserschnitt und was ist wenn er eine Behinderung hat…
Ganz cool bleiben…

ca. 17:00 Uhr:
Anna telefoniert mit Ihrer alten Mitbewohnerin. Es war ein sehr witziges
Gespräch, da ich alle zehn Minuten an den Hörer muss, weil Anna ihre Wehen veratmen muss. Frauen sind aber doch nicht immer multitaskingfähig wie ich in dem Gespräch feststellten konnte, da mein Gesprächspartner doch arg mit der Situation überfordert war.

Mist, heute kommt ein Münster-Tatort. Ob wir uns den wohl noch anschauen können?

ca. 19:30 Uhr:
Auch wenn Anna meint, dass es noch nicht nötig ist, ich informiere mal lieber Sabine, dass sich bei Anna was regt. Sie erklärt mir die 3, 2, 1 Regel: 3 Minuten Wehenabstand, über 2 Stunden, mit einer Dauer von 1 Minute.
Auha, wir haben „nur“ 10 Minutenabstände…..

20:15 Uhr:
Zeit für den Tatort. Innerlich hoffe ich, dass ich Ihn in voller Länge genießen kann.

21:45Uhr:
Gut gemacht kleiner Mann. Anna legt sich noch mal hin um etwas Energie zu tanken.

ca. 22:30 Uhr:
Nach etwas Rumgezappe (in der Gewissheit, dass es für längere Zeit das letzte Mal in Ruhe ist) schließe ich mich Anna an und gehe ins Schlafzimmer.
Dort finde ich sie hellwach vor und mittlerweile muss sie die Wehen intensiv veratmen…

Das wird eine laaange Nacht…

Ca. 0:00 Uhr:
Es wird zusehens schlimmer. Mittlerweile befinden wir uns im Wohnzimmer und Anna hat die Position des Vierfüsslers für sich entdeckt. Ich stehe nur hilflos daneben und muss zusehen wie sie zu Leiden hat. Anfassen darf ich sie auch nicht, weil sie in Ruhe gelassen werden möchte. Anna führt bereits seit dem Morgen, eine Liste mit den zeitlichen Abständen der Wehen in Papierform – als angehender Ingenieur denke ich mir, für sowas gibt es doch bestimmt eine App. Zu meiner Freude finde ich auch eine, welche hervorragend funktioniert. Somit sitze ich brav neben Ihr und stoppe wie ein Couch jede „Wehenrunde“.

ca. 3:45 Uhr:
Nach diversen Äußerungen bzw. Wünschen von Anna, die letztendlich alle ihren vorzeitigen Tod bedeuten würden, denke ich mir, es wird Zeit im Geburtshaus anzurufen. Auch wenn die Wehen noch immer einen Abstand von ca. 5 Minuten haben.
Sabine rät uns dazu, es mit der Badewanne zu versuchen. Klasse endlich mal eine andere Aufgabe als nur zu stoppen.

ca. 4:45 Uhr:
Ok das mit der Badewanne war eine nette Ablenkung für mich, brachte Anna aber nichts. Also rufe ich erneut die Hebamme an.
Gott sei Dank, sie kommt vorbei.

ca. 5:30 Uhr:
Ich habe mich noch nie so sehr auf die Melodie gefreut, die die Klingeln beim Betätigen abgibt. Die Rettung naht – in Form von Sabine. Anna und ich sind schon ganz aufgeregt wie der Stand der Dinge ist. Hoffentlich hat der Muttermund sich schon etwas geöffnet. Nach einer kurzen Untersuchung kommt die erlösende Nachricht, dass der Mund gute 6-7 cm offen ist. Wir können endlich zum Geburtshaus fahren. Kurz bevor ich das Auto packe, teile ich, wie mir aufgetragen wurde, ihrer besten Freundin und ihrer Mutter mit, dass es losgeht. Prompt steht Schwiegermutter auch schon vor der Tür, da Sie im selben Haus wohnt. Sie ist mindestens genauso aufgeregt wie ich. Der Weg zum Auto gestaltet sich auch schwerer als gedacht, mitten im Treppenhaus muss Anna erst mal eine Wehe veratmen. Nun wissen auch die Nachbarn Bescheid…
Anschnallen ist jetzt auch nicht drin, also lassen wir das einfach und Anna macht es sich auf der Rückbank so bequem wie möglich. Schwiegermutter ist dabei so in Sorge, dass sie am liebsten einen Notarzt anrufen würde. Egal wir fahren.

ca. 5:40 Uhr:
Wir sind da. Ich parke das Auto direkt vor der Tür und helfe Anna aus dem Auto, ab dort übernimmt Sabine. Sie war bereits vorgefahren und hat alles vorbereitet.

ca. 6:00 Uhr:
Anna hat schwer zu kämpfen. Sie sagt, dass sie nicht mehr lange durchhält. Ich biete ihr ein Kissen an und sie schafft es trotz Allem noch, mir dafür zu danken. Nun bin ich verwirrt… Zum einen denke ich, so schlimm kann es schon nicht sein, wenn sie sich noch ein Danke abringen kann, zum Anderen bin ich fest davon ausgegangen ihre animalische Phase zu erleben, bei der ich in der Luft zerrissen werde. Aber nein, sie sagt „Danke“.
Kurz danach platzt die Fruchtblase während sie vor dem Bett kniet. Neugierig schaue ich auf den Boden und erwarte eine Pfütze, die sich langsam ausbreitet. Nach 2 Minuten tut sich immer noch nichts. Man kann dem Fernsehen auch nicht mehr vertrauen…

ca. 7:00 Uhr:
Vom Bett sind wir umgezogen in die Wanne.
Also, ich meine aus dem Vorbereitungskurs in Erinnerung zu haben, dass der Intimbereich während der Geburt blickgeschützt bleibt. So wie ich hier an der Wanne sitze, kann ich ehrlich gesagt alles sehen…
Der Muttermund ist offen… endlich. Anna gibt alles. Kein Plan wie ihr Kreislauf das mitmacht, ich wäre schon längst aus den Latschen gekippt.
Wahnsinn, man sieht langsam, wie sich der Kleine vom Bauch zum „Ausgang“ schiebt bzw. geschoben wird. Als Sabine mitteilt, dass der Kopf schon zu sehen ist wird mir doch etwas anders. Nach einigen Presswehen sehe ich den Halben Kopf, dann ist der ganze Kopf zu sehen, das ist mir zu viel, ich muss mir was einfallen lassen. Meine Rettung ist ein Waschlappen, mit dessen Hilfe ich einen Teil meines Blickfeldes verdecke…

7:55 Uhr:
Dann geht alles sehr schnell: Im einen Moment denke ich noch, dass kaum Blut da ist und im nächsten Moment ist alles dunkel gefärbt und aus dem Nichts taucht der kleine Ruben auf und wird von Sabine auf Annas Bauch gelegt. Wir frisch gebackenen Eltern sind völlig überrascht von der Situation. Er ist endlich da, aber so richtig wahrhaben können wir es doch nicht. Ich habe einen Kloß im Hals und die Tränen stehen mir in den Augen.
Gesamtsituation unbeschreiblich!!!

ca. 8:30 Uhr:
Nachdem ich mich oben rum freigemacht habe kann ich Ihn das erste Mal auf den Arm nehmen. Jetzt nichts falsch machen. Er ist etwas glitschig vom Wasser, aber total sauber. Während Anna versorgt wird machen wir es uns auf dem Bett gemütlich.

ca. 8:35 Uhr:
Anna kommt dazu. Jetzt heißt es warten, dass die Nachgeburt raus kommt.

8:54 Uhr:
Nach 59 Minuten entscheidet sich die Plazenta nun doch sich zu lösen. Jetzt auch noch ins Krankenhaus zu fahren wäre gar nicht gegangen.

9:00 Uhr:
Ich glaube es nicht: Anna ruft bei der Gynäkologin an, um den Termin, den sie um 9:15 Uhr eigentlich gehabt hätte abzusagen. Es ist besetzt. Also ihr Pflichtbewusstsein ist doch manchmal echt drüber.

9:02 Uhr:
Sie versucht es noch mal. Jetzt mal ehrlich, wer glaubt da noch, dass die Geburt anstrengend war?

10:55 Uhr:
Nachdem die Nachuntersuchung abgeschlossen ist geht es Frühstücken. Ich freue mich schon, in Ruhe endlich eine Stärkung nach der langen Nacht zu mir nehmen zu können. Ganz so ruhig wird es dann aber doch nicht, da das Esszimmer voller Mütter und Kinder ist, die Rückbildungskurs haben. Als sie Ruben entdecken wird es richtig wuselig. Gefühlte 100 mal gab es folgende Antworten zu geben: „Ja, gerade geboren“ und „Er heißt Ruben“.
Sabine ist so freundlich mir ein Brot zu schmieren, da ich Ruben auf dem Arm habe. Endlich, nach 16 Stunden, bekomme ich was Vernünftiges in den Magen.

11:25 Uhr:
Anschließend geht es nach Hause. Dort freue ich mich auf unser Bett und darauf mich mit meiner neuen kleinen Familie auszuruhen.

2 Kommentare zu “Rubens Geburt am 12.3.12 aus zwei Perspektiven

  1. Melanie Davi schrieb am :

    Hey Anna, Ruben und Benne
    das ist ja ein toller Geburtsbericht von Euch. Hoffentlich sehen wir uns bald mal in life 😉
    Liebe Grüße, Melli

  2. Anna schrieb am :

    Danke Melli!
    Dir herzlichen Glückwunsch zur Geburt deiner Lana Azita am Montag 🙂
    Wünsche euch fünfen alles Gute!
    Für alle, die den Geburtsbericht lesen: Die Zeiten stimmen in meinem Bericht, bei Benne sind wir da iwie in Tüdder gekommen…
    LG, Anna

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