Mio

Der kleine Mio sollte eigentlich am 12. Juli zur Welt kommen. Seit diesem Tag wartete ich täglich mit mehr Ungeduld darauf, dass endlich etwas passierte, aber alles blieb gleich. Auch die nun alle zwei Tage stattfindenden Vorsorgen bestätigten, dass sich noch nichts in Richtung Wehen und Muttermundöffnung getan hatte.

Bei der Vorsorge am 17. Juli klärte mich Nike genau über das Einleiten mit dem Wehencocktail auf, für das die Hebammen schon einen Termin für mich abgesprochen hatten. Vor der Vorstellung graute mir .. ich sah mich schon den Cocktail nehmen, Krämpfe bekommen und wieder nix … Naja in der kommenden Nacht hatte ich sehr häufig starke Bauchkrämpfe, ich glaubte schon nicht mehr an Wehen und führte diese Krämpfe zunächst auf Verdauungsbeschwerden zurück, die mich seit Tagen quälten. Am nächsten Morgen war alles wieder gut, ich ging noch eine große Runde mit meinem Hund an der Sparrenburg spazieren, fuhr dann zur Ablenkung mit meiner Oma und meiner Mutter zu Ikea zum Frühstücken, wo wir alle genervt saßen und uns fragten, wann es denn mal so weit wäre.
Als ich wieder zu Hause war, fingen meine Bauchkrämpfe wieder an und ich ärgerte mich schon, so gut bei Ikea gegessen zu haben. Ich wusste gar nicht, was ich dagegen machen konnte, legte mich ins Bett, machte mir (trotz der Sommerhitze) eine Wärmflasche .. alles brachte nichts. Also ging ich irgendwann wieder mit meinem Hund raus, der schon wartete. Ich wollte eine schöne große Runde am Johannisberg machen, merkte aber schon nach ein paar Metern, dass das wohl nichts werden würde. So langsam überlegte ich doch, ob das jetzt wohl Wehen seien. Wieder zu Hause, telefonierte ich mit meiner Mutter und sagte ihr, dass ich mich nicht wohl fühle. Sie riet mir dazu, die Hebammen anzurufen. Ich wollte zunächst nicht, da ich dachte, dass die ja jetzt auch nichts machen können, hatte die 3-2-1-Regel im Kopf. Irgendwann rief ich dann doch an, Lisa ging dran. Sie meinte, ja das könnten Wehen sein, ich soll mal abwarten, Wärmflasche oder Badewanne wären gute Dinge. Also ging ich in die Badewanne, da ging es ja noch, aber als ich wieder raus kam, ging gar nichts mehr. Ich krampfte nur noch, musste mich an jedem Schrank oder Tisch abstützen, um überhaupt durch meine Wohnung zu kommen. Ich legte mir den Reader vom Geburtsvorbereitungskurs parat und suchte nach Positionen, um die Wehen zu veratmen. Als nichts half und die Schmerzen immer schlimmer wurden, rief ich wieder bei Lisa an. Sie sagte, sie käme in einer halben Stunde mal vorbei und dass sie mir krampflösende Zäpfchen mitbringen könne. Als sie endlich kam, wusste ich schon gar nicht mehr, wohin mit mir. Mein Hund war schon total konfus und ich ließ ihn von einer Freundin abholen. Ich sagte Lisa gleich, dass ich doch keine natürliche Geburt im Geburtshaus wolle, sondern ins Krankenhaus mit PDA, weil ich diese Schmerzen (die ich ja irrtümlicherweise als Vorgeplänkel für die richtigen Wehen hielt) nicht aushalten könne. Lisa beruhigte mich und untersuchte mich erstmal. Ganz erstaunt schaute sie mich dann an und sagte: Steffi, was hast du gemacht? Der Muttermund ist ja schon 6cm geöffnet. Da war ich so erleichtert, die Qual der letzten Stunden war also nicht umsonst gewesen. Jetzt wusste ich wieder, dass ich auch den Rest schaffen würde. Lisa sagte, dass ich sofort mit ins Geburtshaus kommen könne. Dummerweise hatte ich meiner Mutter, die mich zur Geburt begleiten wollte, noch vorher gesagt, alles sei soweit ok, sie könne noch Verwandte besuchen. Als ich sie jetzt anrief, kam sie natürlich sofort zu mir gerast. Lisa wartete, bis meine Mutter eintraf, dann fuhr sie vor, um alles im Geburtshaus für die Geburt vorzubereiten. Meine Mutter und ich fuhren direkt hinterher. Unter Wehen 3 Stockwerke die Treppen hinunter und dann noch mitten in der Altstadt zum Auto zu gehen, war schon ein Erlebnis. Ich war so froh, als wir schon nach ein paar Minuten Fahrt gegen halb 8 abends endlich im Geburtshaus eintrafen. Hier fühlte ich mich vom ersten Moment an richtig wohl und wusste, dass dies der Ort sein sollte, an dem ich mein erstes Kind zur Welt bringen wollte. Lisa war mit den Vorbereitungen noch gar nicht fertig, so dass ich die weiteren Wehen zunächst am Wickeltisch veratmete. Meine Mutter unterstützte mich dabei mit Rückenmassage und lieben Worten. Es ging alles so schnell und die Wehen folgten Schlag auf Schlag, dass ich nicht mal richtig Pause hatte, um klar zu denken und alles wirklich richtig abzuspeichern. Ich weiß nur, dass die Wanne dann irgendwann fertig war und ich hineinging, zunächst liegend, aber ich merkte sofort, dass diese Position für mich noch viel schlimmer war. Also ging ich in den Vierfüßlerstand, wieder massierte meine Mutter mir den Rücken und Lisa atmete mit mir. Irgendwann dachte ich, ich kann es absolut nicht mehr aushalten. Genau gegenüber der Wanne stand eine Digitaluhr, als ich die sah, dachte ich nur: Nein, ich kann nicht mehr! Es war 20:22 Uhr und ich dachte an Lisas Worte, die sie noch bei mir zu Hause sagte: Jetzt sind wir nur mal gespannt, ob der Kleine am 18. oder 19. auf die Welt kommt. Jetzt dachte ich: Noch 3 ½ Stunden? Nie im Leben, nein, ich will gar nicht mehr. Das sagte ich dann auch, als Lisa mich fragte, ob ich nochmal einen Positions- bzw. Ortswechsel wolle. Lisa sagte mir später, dass sie da wusste, dass es nicht mehr lange sein kann, denn an dem Punkt wollen wohl alle Frauen nicht mehr. Ich musste auf jeden Fall raus aus der Wanne, in meinem Kopf war nur noch: Hauptsache weg. Ich ging zunächst auf Toilette, wo ich dann wohl auch nicht mehr runter wollte, meine Mutter und Lisa nahmen mich dann einfach wieder mit ins Geburtszimmer. Ich weiß noch, dass ich total erleichtert war, als Lisa die zweite Hebamme anrief. Jetzt wusste auch ich, dass es tatsächlich nicht mehr lange dauern konnte. Ich ging vor dem Bett in die Hocke, meine Mutter saß hinter mir und hielt mich und Lisa und Sabine, die ich bis dahin noch gar nicht kannte, aber in dieser letzten Zeit meiner Geburt sehr schätzen gelernt habe, saßen vor mir. Ich durfte bzw. sollte mitpressen, wovor ich z.T. zurückscheute. Zwischendurch sollte ich mich nochmal seitlich aufs Bett legen, da die Herztöne von meinem kleinen Baby schlechter wurden, dann aufstehen, dann wieder in die Hocke und pressen und dann war da soooo ein Schmerz, dass ich richtig wütend auf die arme Lisa wurde – ich dachte, sie tut mir irgendwas an und schubste sie richtig weg (sorry nochmal, Lisa). Später sagte mir Lisa, dass da das Köpfchen geboren wurde. Der Rest von meinem Kleinen kam dann irgendwie hinterher und ich war nur noch überwältigt, als ich das kleine Wesen, das noch voller Käseschmiere war, da liegen sah. Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen sollte, ich zitterte am ganzen Körper und konnte nicht sprechen, streckte nur die Arme aus und sogleich legte mir Lisa mein Baby in den Arm. Das war so ein tolles, mit nichts zu vergleichendes Gefühl, dieses Baby, auf das man so lange gewartet hat, endlich im Arm zu haben. Zwar weiß ich nicht, warum Frauen sagen, die Schmerzen während der Geburt vergäße man, sobald man sein Baby hat, das kann ich nicht bestätigen, aber ich kann sagen, sie lohnen sich!!!
Später, nachdem wir uns zunächst kennen lernen und kuscheln durften, erfuhr ich, dass der kleine Mio um 21:46 Uhr mit einem Geburtsgewicht von 3860g und 51cm Körperlänge geboren wurde.

Ich möchte mich abschließend ganz herzlich beim gesamten Team des Geburtshauses für die tolle Betreuung während der Schwangerschaft und der Geburt bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt natürlich dem Team A, Edith, Anna, Lisa und auch Nike, die mir während der Vorsorgen viel Hilfe geleistet und Unterstützung gegeben haben und auch Jule für die Akupunktur.
Lisa, ein Riesendank dir für diese tolle Geburt, du warst eine super Hilfe mit deiner ruhigen, liebevollen Art und auch dir, Sabine, ich habe mich bei euch total gut aufgehoben gefühlt.
Ich freue mich täglich auf den Besuch von dir, Anna, und danke dir für deine Unterstützung in den ersten Tagen hier zu Hause.
Und ganz zum Schluss möchte ich mich noch bei meiner Mutter bedanken, die mich während der Geburt mit ihrer liebevollen, verständnisvollen Art tatkräftig unterstützt hat und den kleinen Mio und mich während der ersten Woche hier zu Hause betreut und versorgt hat.

Steffi mit Mio

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