Gleich am Anfang der Schwangerschaft habe ich überlegt, dass ich zur Geburt nicht in ein Krankenhaus möchte, und mir ist die Internetseite des Geburtshauses begegnet. Ich kam mir etwas komisch vor, als ich schon in der 8. Woche beim Infoabend saß – man sah ja schließlich noch gar nichts. Der Abend hat mich und meinen Freund Timm aber überzeugt, und es waren auch schon die ersten Plätze für April belegt, sodass das frühe Kümmern durchaus richtig war. Während der Schwangerschaft fühlte ich mich dann auch sehr gut von den Hebammen betreut und war froh über die Entscheidung für das Geburtshaus.
Nun zu unserer Geburtsgeschichte: Pünktlich morgens um halb eins am errechneten Geburtstermin merkte ich, dass mein Schlüpfer nass ist. Nach langem Rätseln war ich mir dann sicher, dass die Fruchblase geplatzt ist und ich nicht auf den letzten Metern noch „undicht“ geworden war. Damit war für mich die Nacht vorbei. Ich hatte zwar keine Wehen, nur leichte Unterleibsschmerzen, aber die Aufregung ließ mich nicht mehr einschlafen. Als Timm um fünf Uhr morgens aufgestanden ist, haben wir entschieden, dass er erstmal arbeiten geht, aber höchstens für einen halben Tag und bei Bedarf sofort nach Hause kommt. Morgens um acht habe ich dann die Rufbereitschaft angerufen. Edith war dran und wir haben uns für 11 Uhr im Geburtshaus verabredet. Timm ist also schnell wieder nach Hause gekommen und wir haben die Zeit bis dahin für letzte Vorbereitungen genutzt – so sauber war es bei uns noch nie. 😉
Im Geburtshaus wurde dann ein CTG gemacht, Ergebnis: prima Herztöne und keine Wehen. So kam ich also in den zweifelhaften Genuss des Wehencocktails. Nachdem der alkoholfreie Sekt explodiert war und die Küche erneut geputzt werden musste, war ich überrascht, dass der Cocktail doch recht lecker ist. Nach zwei Stunden setzte dann auch eine Wirkung ein – ich bekam fürchterlichen Durchfall und habe mich nicht mehr viele Schritte vom Bad wegbewegen können. Wehen hatte ich weiterhin nicht.
Abends um sieben haben wir dann wieder mit Edith telefoniert. Nach etwas Hin-und-Her wurde entschieden, dass ein weiteres CTG gemacht werden soll. Je nach Ergebnis sollte dann entschieden werden, ob ich vor der Nacht ins Krankenhaus zur Einleitung überwiesen werde oder erst am nächsten Morgen. Das CTG war wie morgens – prima Herztöne und keine Wehen. Edith kam zu dem Schluss, dass es bestimmt ein Junge wird, da Jungs sich gerne viel Zeit lassen. Angekündigt war ein Mädchen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit – die Sichtung war aber zuletzt in der 20 SSW. Edith empfahl uns noch einen Spaziergang zu machen und dann schlafen zu gehen. Wir verabredeten uns für 8 Uhr morgens, es sei denn, das Baby kommt.
Zuhause angekommen, sind wir losmarschiert (wir wollten ja nicht ins Krankenhaus) – 1,5 km bergauf zu unserer Kapelle, der Rückweg war sehr, sehr mühsam. Kaum lag ich im Bett, war mir klar, ich habe tatsächlich Wehen. Die erste Zeit habe ich mit dem Handyspiel 10/10 verbracht. In den Wehenpausen habe ich gespielt und während der Wehen bin ich um unseren Küchentisch herumgetigert. Um halb zwei habe ich dann Timm geweckt, weil ich nicht mehr alleine sein wollte. Die Wehen waren mittlerweile ziemlich schmerzhaft. Um halb vier hatte ich dann plötzlich fürchterlichen Brechreiz (ziemlich blöd, wenn es nichts mehr zu brechen gibt außer Rhizinusöl). Dies haben wir zum Anlass genommen Edith noch mal anzurufen. Wir haben uns dann um vier Uhr im Geburtshaus getroffen. Dort sagte ich zu Edith, dass ich Angst habe, dass der Muttermund erst 2 cm geöffnet ist. Leider hatte ich mit meiner Angst recht. Es gab nun die Option in Bielefeld spazieren zu gehen, oder wieder nach Hause zu fahren und noch mal auszuruhen. Die zweite Option war der Rat von Edith. Diesen haben wir schweren Herzens angenommen – ich wollte am liebsten in die Badewanne, aber dafür war es noch zu früh. Kaum hatten wir das Geburtshaus verlassen, war der Brechreiz wieder da (ich hoffe ich habe keine Nachbarn belästigt). Zurück zuhause nahm ich das Zäpfchen wie besprochen und legte mich ins Bett. Dort hielt ich es
aber keine Minute aus. Die nächsten Stunden verbrachte ich auf unserem Klo – Aufstehen ging gar nicht mehr. In der Hand einen Eimer für den Brechreiz. Es war ein Elend. Um halb sieben haben wir dann noch mal angerufen. Als ich berichtete, dass ich seit wir zuhause sind auf dem Klo sitze und nicht mehr stehen kann, sagte Edith, wir sollten sofort ins Geburtshaus kommen, sie befürchte, dass ich Presswehen habe. Mitlerweile hatte der Berufsverkehr eingesetzt, und jede Ampel, die uns begegenete, war rot. Auf der Fahrt hätte ich am liebsten das Ziel geändert: Krankenhaus und dann sofort Kaiserschnitt, ich fühlte mich wie eine ziemliche Memme.
Im Geburtshaus wurde wieder nach dem Muttermund geschaut. Er war komplett eröffnet, und ich durfte sofort mitpressen (juchu – doch keine Memme). Ich war sehr erleichtert über diesen Befund, denn ich konnte mir nicht vorstellen, diese Schmerzen noch viel länger auszuhalten.
Nach kurzer Zeit war dann auch Meike, unsere zweite Hebamme, da. Edith und Meike haben uns toll angeleitet in den verschiedenen Positionen, und Timm war die Ruhe selbst und eine tolle Stütze (auch physisch). Edith und Meike haben mich ganz viel gelobt, wie toll ich die Wehen nutze und vom Geburtsfortschritt und den Herztönen des Babies berichtet. Die Herztöne waren immer super, so kam Meike zu dem Schluss, es sei bestimmt ein Mädchen, denn die sind bei der Geburt meist recht entspannt. Die letzte Geburtsposition war die tiefe Hocke (das ist furchbar anstrengend – auch für den Mann). Irgendwann kamen die Wehen langsamer (da war der Kopf schon teilweise da), und Meike massierte mir den Bauch um die Wehen wieder anzuregen. Nachdem der Kopf endlich da war, kam unsere Überraschung um 08:17 mit einer letzten Presswehe. Meine ersten Worte, als er vor mir lag, waren: Es ist ein Junge! Es war ein unglaubliches Gefühl ihn zu sehen und dann auch gleich hochzunehmen. Der kleine Mann schrie sofort lautstark und wurde daher schnell mit einer Mütze versorgt, damit er nicht so frieren muss. Die Plazenta wurde kurze Zeit später unproblematisch geboren. Dann kam der entspannte Teil, kuscheln, kuscheln & kuscheln, einen Namen für den kleinen Kerl finden (zum Glück hatten wir nach einem Bauchgefühl am Samstag vorher schon die Auswahl auf 2 Namen reduziert), duschen und frühstücken. Und dann ging es los nach Hause – schnell noch ein Foto vor der Tafel, die ich bei jedem Besuch im Geburtshaus mit Neugier gelesen hatte. Um 11 Uhr waren wir wieder zuhause und haben unseren ersten Tag im Bett verbracht, es war wunderschön. Mein Fazit: Ich würde mich jederzeit wieder für das Geburtshaus entscheiden. Aber bei 2 cm Muttermundöffnung würde ich nicht noch mal nach Hause gehen. Als Erstgebährende kann man die Intensität von Wehen ja nicht so wirklich einschätzen, aber man kennt seinen Körper selbst am besten und sollte auf ihn hören.
Ganz herzlichen Dank an das Team vom Geburtshaus, besonders an Meike und Edith für die Unterstützung bei der Geburt und die tolle Nachsorge. Matz ist nun 5 Wochen alt, und wir sind sehr glücklich mit ihm und wollen ihn keine Sekunde mehr missen.