Mattis

(oder auch: Theo Träumer hat es endlich geschafft)

Ich glaube, ich muss etwas ausholen, damit klar wird, wie trödelig unser Sohn ist und dass die Geburt zweimal „auf den letzten Drücker“ im Geburtshaus geklappt hat:

Für uns stand schon ziemlich früh fest, dass wir unser erstes Kind im Geburtshaus bekommen möchten. Eine Freundin hatte uns auf das Geburtshaus aufmerksam gemacht und nach dem allgemeinen Info-Abend gab es für uns keine andere Alternative.

Somit begann das lange Warten (auch genannt Schwangerschaft) auf unseren Schatz. Ich habe die gesamte Vorsorge im Geburtshaus gemacht, weil mir wichtig war, alle Hebammen kennenzulernen. Schnell war aber sicher: Wir vertrauen jeder Hebamme dort blind.

Nachdem der erste Entbindungstermin (21.08.) vorübergegangen war und sich noch so gar keine Anzeichen einer bevorstehenden Geburt gezeigt haben, wurde am 31.08. vom Arzt der ET auf den 28.08. korrigiert. Ich hatte schon Angst, dass eine Geburt wegen Übertragung sonst im Geburtshaus nicht möglich sei und eingeleitet werden müsse – im Krankenhaus natürlich.

Aber es kam der September, der 1., 2., 3., … und es tat sich immer noch nichts. Am Montag, den 07.09. habe ich dann nachmittags einen Wehencocktail genommen. Das CTG am nächsten Nachmittag beim Arzt hatte leider keine richtigen Wehen für mich… Also riet der Arzt  uns, dringend direkt ins Krankenhaus zu fahren, und über eine Einleitung zu sprechen, da er es nicht mehr verantworten könne. Gut, fuhren wir also Dienstagabend noch voller Sorge ins Franziskus Hospital, die Geburt im Geburtshaus würden wir uns vielleicht abschminken können.

Im Krankenhaus nochmal eine Stunde CTG, siehe da: Wehen!! Währenddessen das sehr gute und ehrliche Gespräch mit der Ärztin: Sie hätte schon längst eingeleitet, aber das müssten wir nun entscheiden… Nach einem kurzen Gespräch zwischen vier Augen entschieden wir uns dann, am nächsten Morgen zur Einleitung wieder zu kommen. Schweren Herzens zwar, aber schließlich haben wir ja auch eine Verantwortung unserem Kind gegenüber.

Dann wurde ich aber noch kurz untersucht und siehe da: Der Muttermund war bereits 3 cm offen!! Juhu, die Wehen haben was bewirkt!!! Draußen haben wir gleich Jule angerufen und ihr den Stand der Dinge mitgeteilt und wir verblieben, dass wir uns melden, falls die Wehen stärker werden.

Schon auf dem Rückweg nach Hause, so ca. 21:30 Uhr merkte ich regelmäßig Wehen, die stärker wurden. Zu Hause konnte ich dann schon fast gar nichts mehr essen. Wir gingen ins Bett, aber bei mir war an Schlaf nicht mehr zu denken. Die Wehen wurden echt gemein und ich tigerte schnaufend und keuchend durchs Schlafzimmer. Mein Mann versuchte noch zu lesen, aber auch er wurde unruhig. Dann musste ich mir noch das bisschen Abendessen, was ich runterbekommen habe, durch den Kopf gehen lassen. Da merkt man wenigstens die Wehen nicht so sehr.

Irgendwann riefen wir dann Jule an und fragten, was wir noch tun könnten. Sie schlug vor, ein Bad zu nehmen und wir sollten uns wieder melden, wenn die Wehenabstände kürzer würden. Irgendwann merkte ich aber, ich habe kaum noch Pausen zum Ausruhen dazwischen und ich merkte bereits einen Druck nach unten. Ich bat meinen Mann, nochmal bei Jule anzurufen, ich möchte gerne ins Geburtshaus fahren. Der Weg dauert immerhin auch nochmal locker 20 Minuten. Das war um 01:00 Uhr nachts. Jule sagte, wir  treffen uns um zwei Uhr im Geburtshaus. – Was? Eine Stunde noch?? Ok, ganz langsam anziehen – mit Wehen echt nicht so einfach! Und dann ins Auto. Auto fahren mit Wehen – auch kein Spaß!

Im Geburtshaus angekommen empfing uns Jule bereits. Alles war sehr schön hergerichtet: Kerzen brannten, meinem Mann wurde erstmal ein Kaffee angeboten – mir nichts… Na gut, erstmal wurde ich untersucht – alles soweit gut. Dann hieß es nur noch: Wehen veratmen, an den Bettpfosten klammern… Keine Ahnung wann, aber irgendwann war Johanna auch da und als ich mich von der letzten Wehe umdrehte, sah ich Jule und Johanna ruhig miteinander redend dort sitzen. Wenn die Wehe sehr stark war und ich nur noch nach Luft japsen konnte, hörte ich Jules Stimme ganz ruhig auf mich einredend. So richtig habe ich nicht immer verstanden, was sie sagte, aber als ich sie dann ausatmen hörte, wusste ich: Ach so, ja, ruhig ausatmen.

Es war super: Mein Mann war einfach nur da und strahlte zusammen mit Jule und Johanna eine wahnsinnige  Ruhe aus.

Dann hat Jule nach einer kurzen Untersuchung die Fruchtblase geöffnet und dann begann „die lange Nacht der Presswehen“. Das war so um halb drei. Während der Presswehen dachte ich manchmal: meine Güte, ich wusste gar nicht, was für Geräusche du machen kannst!

Die Presswehen kamen und gingen, irgendwann sagte Jule: „Ich sehe schon die Haare!“ Aha, wow, so weit sind wir also schon. Aber weit gefehlt! Weil der kleine Mann sich mit seinem Kopf in meinem Becken verhakt hatte und im wahrsten Sinne des Wortes die Kurve nicht gekriegt hat, tat sich erstmal bis auf weitere Presswehen nichts mehr. Jule sagte: „Der Kleine hilft dir aber auch überhaupt nicht mit. Du musst das alles alleine machen.“ Na gut, mache ich ja gerne, aber so langsam wurde es anstrengend. Nachdem wir alle Turnübungen durch hatten – alle kriege ich bestimmt nicht mehr auf die Reihe und es würde auch den Rahmen sprengen – die Johanna und Jule einfielen, kam irgendwann früh morgens auch Meike dazu.

Sie war noch frischen Mutes und ließ sich von Jule und Johanna, die bereits ein mehrseitiges Protokoll mitnotiert hatte, auf den aktuellen Stand bringen. Dann ging es immer abwechselnd: Weil meine Wehenpausen zu lang waren, wurde mein Bauch mit UT-Öl massiert, ich bekam wehenanregendes Nasenspray und Globuli. Zwischendurch sollte ich immer wieder auf die Toilette, weil dort die Wehen am ehesten etwas gebracht haben.

Ach ja, ganz nebenbei: Mein Mann wurde in viele Positionen voll mit eingebunden und war mir die ganze Zeit eine super Hilfe! Ich weiß nicht, wer mehr gelitten hat.

Schließlich bekam ich mit, wie irgendwer meinte: „Bis halb acht machen wir noch, dann müssen wir uns überlegen, ins Krankenhaus zu verlegen, wenn sich hier gar nichts mehr tut.“ Oh nein! Schon wieder das böse Wort „Krankenhaus“!

Ok, das hatte unser Kleiner wohl auch irgendwie mitbekommen, denn als die Zeit immer weiter voran schritt und es langsam auf die sieben Uhr morgens zuging, tat sich endlich was. Der Kopf rutschte mit jeder Wehe millimeterweise tiefer und ich merkte nun so richtig, dass es nicht mehr lange dauern kann.

Und schließlich erblickte unser Söhnchen (von Jule liebevoll Theo Träumer genannt) in einer einzigen Wehe um 07:31 Uhr das Morgenlicht der Welt. Unglaublich!!

Da ich den Hebammen den Namen noch nicht verraten hatte – nein Jule, er soll nicht Theo heißen –  stellte ich ihnen unseren Mattis kurz vor und bekam ihn auf den Arm gelegt. Mein Mann schnitt die Nabelschnur durch und wir wünschten uns etwas für Mattis Lebensweg. Ein wunderschöner Moment!!

Mattis blickte sofort neugierig um sich, um zu sehen, wer ihn so sehnsüchtig erwartet hat. Alle waren erleichtert, weil es nun doch nicht mehr um das Wort „Krankenhaus“ und „Verlegung“ ging und unser Wunsch einer Geburt im Geburtshaus in Erfüllung ging.

Nach einer Kuschelstunde und einem schönen Frühstück im Bett, einem ersten Stillversuch und einem gemeinsamen Anstoßen zu fünft mit einem Glas Sekt zog Johanna unseren Mattis an. Jule half mir, mich kurz abzuduschen und dann durften wir endlich wieder nach Hause – diesmal zu dritt.

Wir möchten uns ganz ganz herzlich bei allen Hebammen im Geburtshaus bedanken: Für den tollen Geburtsvorbereitsungskurs (Dorina), für die super Betreuung in der Vorsorge, und besonders für diese unvergessliche Nacht (Jule, Johanna und Meike)!!!

Wir sehen uns bestimmt wieder!

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