Aller guten Dinge sind drei!

Willow hat sich so auf ihre Geburt im Geburtshaus gefreut, dass sie es gar nicht bis dahin geschafft hat. Die Geburtsadresse Werther Str. 8 passt, allerdings müsste man wahrscheinlich ‚Mobile Außerstelle‘ dazu sagen (hoffentlich aber nur einmalig und außerplanmäßig). Dazu aber gleich mehr. Um die Geschichte vollständig erzählen zu können, müssen wir etwas mehr ausholen und machen einen kleinen Sprung ins Jahr 2008. Was war da? Na ja, die erste Schwangerschaft war da. Und was machen wir? Entbinden natürlich, aber wo? Im Krankenhaus, wo die Schwangerschaft und die Geburt mehr wie eine Krankheit als wie die natürlichste Sache der Welt behandelt und begleitet werden? Wo das Risiko groß geschrieben wird und nur wer eine PDA, den präventiven Darmschnitt, einen Schichtwechsel zwischen den Wehen, eine Begutachtung von wechselnden Personen mag und dann doch die letzten Presswehen alleine überstehen muss, eine gute Wahl. Gibt es Alternativen? Hausgeburt? Vielleicht doch etwas zu riskant beim ersten Kind. Geburtshaus Bielefeld? Was ist das denn fragt sich der Mann. Auch nicht zu riskant? Keine Ärzte, keine Medikamente, was ist bei einem Notfall? Alles geregelt, Krankenhaus einen Steinwurf entfernt und die Erfahrung der Hebammen im Rücken. Die Erfahrung Kinder so auf die Welt zu begleiten wie wir das als Menschen schon seit Menschengedenken machen und machen sollten. Also gut, dann machen wir das auch. Auch mit einer etwas anfänglichen Skepsis bei all den wilden Berichten und Szenarien, die bei so einer Geburt passieren könnten. Keine Risikoschwangerschaft, Kind ist gesund und entwickelt sich wunderbar also in die Hände der Hebammen fallen lassen und vertrauen. Im Nachhinein ist es wahrscheinlich genau das Vertrauen, das dafür sorgt, die Geburt als Geburt annehmen und akzeptieren zu können.
Mai 2009 es geht los! Es sollte jedenfalls losgehen, errechneter Termin ist erreicht und es passiert nichts. Warum? Na, weil die Kinder dann kommen, wenn sie selber dafür bereit sind. 3 Tage nach Termin, jetzt aber wirklich. Und es geht tatsächlich los. Ab zum Geburtshaus. Tja, leider noch nicht wirklich was, Wehen sind da, aber gemessen in Zentimetern muss noch so einiges passieren. Zurück nach Hause, entspannen. 12 Stunden vergangen, Wehen werden stärker und stärker. Ab zum Geburtshaus. Immer noch kein wirklicher Fortschritt. Aber kein Problem es gibt ein schönes Rezept für einen leckeren Cocktail (alkoholfrei natürlich) der das ganze beschleunigen kann. Also nichts wie wieder nach Hause, Cocktail trinken, Spazieren gehen, Wehen ertragen. Weitere 8 Stunden vergangen, jetzt aber. 18 Uhr wir fahren wieder ins Geburtshaus und diesmal dürfen wir bleiben. Auch wenn das Baby, unser Baby, erst um 23:57 Uhr zur Welt kommt. Die Zeit dazwischen? Emotional, entspannt, sicher, behütet, ruhig, versorgt, zuversichtlich, einmalig. Was ist es denn nun? Ein Mädchen, wie soll es denn heißen? Neela. Da hatte mal der Mann recht obwohl wir das Geschlecht nicht vor der Geburt wissen wollten, sagte er, dass es ein Mädchen wird, wenn es ein Junge geworden wäre, hätten wir keinen Namen. Glück gehabt.
Und jetzt? Ankommen, entspannen, Zeit genießen, das Baby messen und wiegen, anziehen, mitnehmen und alle nach Hause fahren. Wahnsinn, das geht? Ja, das geht. 3 Stunden nach der Geburt sind wir zu Hause und es ist wohl das Beste was man machen kann. Zu Hause sein in der gewohnten Umgebung in seinem eigenen Bett und gut versorgt zu sein. Denn die Hebammen kommen jeden Tag vorbei und zeigen uns was Neela in den ersten Tagen ihres Lebens von uns braucht und wie wir ihr helfen können in der Welt anzukommen.
Der nächste Zeitsprung. 2013: Neela bekommt ein Geschwisterchen. Die Frage nach dem Entbindungsort stellt sich hier gar nicht mehr. Warum auch, besser geht es nicht. Errechneter Termin erreicht. Geht’s los? Nein, natürlich nicht. Ist ja nur errechnet der Termin. Jetzt wird’s etwas anstrengend, müssen jeden Tag ins Geburtshaus zum CTG und nachgucken ob alles ok ist. Baby ist relativ groß und auch wenn die Kinderärztin schon Einweisungen ins Krankenhaus zu schreiben beginnt, sagt uns die Ruhe und Gelassenheit im Geburtshaus, dass alles ok ist. 8 Tage später, es ist morgens und die Fruchtblase platzt. Juhu es geht wieder los. 14 Uhr ab ins Geburtshaus. Wir steigern uns denn um 17:42 Uhr ist Olivia da. Auch ein Mädchen, kerngesund, mit einem Mutterkuchen, der die Hebammen ins Stauen versetzt. ‚Damit könnten ja zwei Babys versorgt werden.‘ Gemütlich noch eine Pizza essen, Olivia, die sich schon staunend umguckt, einpacken und ins traute Heim fahren. Ankommen, genießen und sich auf den täglichen Besuch der Hebammen freuen.
Und nun der letzte Zeitsprung. Februar 2016. Wir wären wieder soweit. Alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Errechneter Termin erreicht. Geht’s los? Nein, natürlich nicht. Kennen wir ja schon. Also keine Panik. Neelas Theorie lautet ja: Neela = 3 Tage zu spät + Olivia = 8 Tage zu spät dann muss gelten neues Baby = 11 Tage zu spät (na hoffentlich nicht). Nach 8 Tagen versuchen wir wieder mal den leckeren Cocktail zur Unterstützung. Es tut sich ja so gar nichts und bevor wieder alle panisch werden, wird das Baby ‚angeschubst‘. 12 Stunden später (nachts gegen 3 Uhr) es geht los. Die ersten Wehen kommen. Ist ja kein Problem, kennen wir ja schon. 6 Uhr morgens, es wird Zeit die beiden anderen Mädels zu Oma zu bringen und sich dann auf den Weg nach Bielefeld zu machen. Als wir um 7 Uhr im Auto sitzen und losfahren, wird es weniger spannend. Alles deutet darauf hin, dass es knapp werden könnte. Also nichts wie aufs Gas drücken. Ein kleiner Tipp zwischendurch für alle werdenden Väter – falls Eure Frau sagt: ‚es sind Presswehen‘ antwortet nicht: ‚dann versuch nicht zu pressen, wir sind noch nicht da‘. Das ist eine ganz schlechte Idee, egal wo ihr seid und was ihr gerade macht. Die Stimmung wird dadurch eher nicht verbessert. Zurück zur Fahrt auf der Detmolder Straße (B66) und unter der Berücksichtigung, dass die Frau tatsächlich Presswehen hat (sie weiß das). Was macht man da? Anhalten, ins Krankenhaus abbiegen, zurückfahren? Nein, weiterfahren, denn der einzige sichere Ort ist in der Werther Str. 8. Das müssen wir schaffen.
Eine gebärende Frau ist kein Grund gegen Verkehrsregeln zu verstoßen, so die Theorie. Aus diesem Grund sind wir absolut dankbar dafür, dass es zu diesem Zeitpunkt auf der Detmolder Str. eine ‚grüne Welle‘ gab bzw. geben musste. Ansonsten hätten wir die Strecke niemals in fast der Hälfte der normalen Zeit geschafft (an alle: bitte nicht versuchen nachzumachen, könnte evtl. teuer werden oder den Führerschein kosten). Werther Straße, abbiegen, in die Einfahrt vor die Tür. Aussteigen nicht mehr möglich denn das Köpfchen ist fast schon da, Hebamme (die arme Johanna musste denken ein Wahnsinniger würde vor der Tür stehen) aus dem Geburtshaus herausgeschrien. Aber warum? Zu spät, Willow, noch ein Mädchen, liegt schon in den Armen der Mutter. Im Auto auf dem Beifahrersitz vor dem Geburtshaus. Puh! Und jetzt? Ruhe einkehren, Baby und Mutter versorgen, im Auto abnabeln und alle mal rein ins Warme. 7:25 Uhr. Keiner glaubt, was gerade passiert ist. Trotzdem sind wir da wo wir hinwollten, jetzt hingehören und alles ist gut. Die einzige, die sich ein wenig beschwert ist Willow. Insgeheim sagt sie: ‚Eh, was sollte das denn, das habt ihr mir aber anders erklärt. Von wegen ruhig und gelassen auf die Welt kommen. Damit habt ihr doch nicht etwa den kalten Autositz gemeint, oder?‘ Natürlich nicht!
Liebe Hebammen auch wenn wir Euch hier die Freude der Geburt ‚geklaut‘ haben, hätten wir das ohne der Zuversicht, dass Ihr für uns da seid, niemals geschafft. Vielen Dank!
Drei Stunden später, gemeinsam zu Hause Frühstücken und sich um den Autositz kümmern. Ist ja leider kein Leder… aber das ist eine andere Geschichte. In diesem Sinne wünschen wir jedem Kind im Geburtshaus geboren werden zu dürfen, jeder Mutter im Geburtshaus entbinden zu dürfen und jedem werdenden Vater die Geburt seiner Kinder im Geburtshaus begleiten zu dürfen.
Vielen Dank allen Hebammen des Geburtshauses Bielefeld!

Familie Kostrz

Ein Kommentar zu “Aller guten Dinge sind drei!

  1. Kicki28 schrieb am :

    Das ist sooooo toll geschrieben ?bei mir hat es ja leider nicht geklappt aber die Betreuung ist wirklich super.

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