Ich wusste direkt, dass ich schwanger werden würde und das Ziepen meines Eisprungs am
nächsten Tag bestätigte mir mein Gefühl. Zunächst überfiel mich Panik, da das Gerede vom
„guten Zeitpunkt, bald ein Baby zu bekommen“, nun doch sehr schnell konkret werden würde.
Nachdem der Schwangerschaftstest zwei Wochen später positiv war, berichtete ich meinem
Bruder, wenige Zeit später meiner Mutter und ihrem Partner. Ich konnte es kaum fassen, hatte ich
doch erst vor knapp einem Jahr das Gefühl bekommen, bald bereit für ein eigenes Kind zu sein!
Ben und ich waren gerade etwas über ein Jahr zusammen und befanden uns noch für 6 weitere
Monate in Neuseeland. Bin ich verantwortungslos, in einem so fernen Land schwanger zu
werden? Ohne jeglichen Pläne für die Zukunft? Ohne eine sichere Einkommensquelle in Aussicht?
Klappt das alles mit dem Zurückfliegen? Haben wir genug Geld, um eventuelle Extrakosten zu
decken?
Zu erfahren, dass meine Reiseversicherung keinerlei Vorsorgeuntersuchungen übernimmt,
schickte mich dann in unfassbare Ängste. Wie sollten wir das alles nur schaffen?
Dennoch überwog schnell die Freude über diesen neuen Lebensabschnitt und das Entstehen
neuen Lebens. Das wird schon alles irgendwie klappen, dachte ich.
Eine Woche nach dem positiven Schwangerschaftstest rief ich im Geburtshaus an, wo an zwei
verschiedenen Tagen niemand abnahm. Beim dritten Versuch antwortete jemand mit einem
unsicheren „Hallo…?“. Durchaus skeptisch wurde ich mit Bleistift in den Kalender eingetragen.
War nunmal eine seltsame Situation. Nach einer langen E-Mail mit persönlichen Details, Foto und
einem Anruf meiner Mutter im GH durfte ich meinen Platz glücklicherweise behalten.
Knappe sechs Monate später, nach 5 wöchigem Corona-Lockdown und drei Flugumbuchungen,
saßen wir im Flieger nach Hause. Alles hatte reibungslos funktioniert, wir konnten alle Arztkosten
decken und flogen sogar mit einem Plus auf dem Konto nach Hause – warum die ganze
Aufregung?
In Deutschland angekommen, war unser erster Kennenlerntermin im Geburtshaus bei Kathi. Die
sind ja wirklich nett hier, dachte ich. Ich fühlte mich bei den Vorsorgeterminen jedes mal wirklich
willkommen und gut aufgehoben. Am liebsten würde ich auch jetzt noch jede Woche ins
Geburtshaus, einfach so zum rumhängen und mich wohlfühlen.
Seit beginn der Schwangerschaft beschäftigte ich mich mit meinen Vorstellungen zu Geburten,
meinen vorhandenen Ängsten und Zweifeln. Wie läuft so eine Geburt ab? Warum habe ich Angst
davor? Was wünsche ich mir für die Geburt meines Kindes?
Was mir hierbei besonders auffiel, war das gesellschaftliche Bild von Schwangerschaft und
Geburt: „Dein Körper wird ruiniert“, „Da lebt ein Parasit in deinem Körper“, „Die Geburt ist ein
Kampf“ oder „Was kaputt gehen tut da unten eh immer, kannste nicht verhindern“. Wow! Sind
Geburten wirklich so furchtbar? Kann eine Geburt nicht auch ein schönes Erlebnis sein und nicht
nur der notwendige Schritt, um etwas zu erhalten?
Mental bereitete ich mich also sehr intensiv auf das Anstehende vor. Körperlich hielt ich mich
weiterhin mit Yoga fit, wobei ich gezielte Übungen für die Vorbereitung des Beckens sowie den
Beckenboden integrierte. Zusätzlich aß ich täglich 5 Datteln und trank Himbeerblättertee. Da ich
schon immer mal eine Akupunktur Behandlung ausprobieren wollte, nahm ich auch dieses
Angebot im Geburtshaus war. Die erste Sitzung drei Wochen vor ET war bei Johanna. Ich genoss
die Zirkulation der Energien in meinem Körper und die Stimmung des neuen Lebens, die mir der Geburtsraum bot. Ich hätte auch länger dort liegen bleiben können..
Johanna verabschiedete mich mit den Worten „Wir sehen uns dann wahrscheinlich nicht mehr, ich
bin ab Anfang September im Urlaub. Wobei, wer weiß… Ich habe Ende August noch einige
Bereitschaften.“ Nach dem Termin (Mittwoch, 19.08.) ging ich noch Einkaufen, die letzten
Babysachen zu besorgen. Abends merkte ich, wie die Akupunktur leichte Übungswehen auslöste.
Nachdem ich nun die Geburtstasche mit dem Gedanken fertig gepackt hatte, dass sie echt
nerven wird, wenn sie noch fünf Wochen rumsteht, überkam mich Abends das wohlige Gefühl,
nun bereit zu sein. Sowohl im Äußeren als auch mental und körperlich. Ich teilte dies auch dem
Baby mit, welches sich zustimmend bewegte.
Am nächsten Tag freute ich mich: ab heute darf ich endlich ins Geburtshaus. Der Gedanke, dass
in meinem Bauch nun ein „fertiges“ Baby wartet, überwältigte mich.
Abends nach der täglichen Dammmassage lag dann etwas schleimig, klumpiges auf dem Bett. Ist
das wirklich schon der Schleimpfropf?! Ben und ich gerieten in furchtbare Aufregung, etwas Panik
war wohl auch dabei. Es könnte schon bald losgehen, allerdings glaubten wir es nicht so wirklich.
Könnte ja auch komischer Ausfluss sein…
Samstag unternahmen wir einen sehr anstrengenden Ausflug ins Freilichtmuseum. Puh, so lange
war ich schon lange nicht mehr gelaufen. Den Gedanken, dass es bald losgehen könnte, schob
mein Kopf geschickt zur Seite.
Am darauf folgenden Tag kamen vier meiner Freundinnen zu Besuch und veranstalteten eine
Babyparty mit mir. Zwischen Lätzchen bemalen und rumalbern, blieb Essen und der tägliche
Mittagsschlaf auf der Strecke. Gegen 18:30 wollten die Mädels aufbrechen, aber noch Fotos mit
mir und vor allem von mir und dem werdenden Papa schießen. Die gackernden Hühner warteten, während ich noch aufs Klo ging. Zurück auf dem Weg nach draußen lief mir eine ordentliche
Menge Wasser die Beine hinunter – Die Fruchtblase war geplatzt. Konnte das wirklich meine
Fruchtblase sein? Muss, ich war ja gerade auf dem Klo gewesen… Ben und ich wurden sofort
nervös. War das also doch der Schleimpfropf am Donnerstag! Die Mädels waren fast noch
aufgeregter als ich, als sie dann kurz darauf das Weite suchten. Später berichteten sie mir, dass
draußen beim Warten auf mich, ein Luftballon zerplatzte und sie darauf hin eine Geburt
simulierten, da ja meine Fruchtblase geplatzt war. Irre komisch! Wussten sie in dem Moment ja
noch nicht, was passiert war.
Ich ging duschen und zog mir eine frische Hose an, die sofort wieder durchnässte. Also setzte ich
mich auf ein Handtuch und rief „Hebamme 1“ an. Niemand hob ab. Kurze Zeit später rief Lisa
mich zurück. Ich berichtete, was passiert war. Seelenruhig riet sie mir, mich erstmal schlafen zu
legen. Falls in der Nacht nichts passiert, sollte ich um 08:00 Uhr ins Geburtshaus kommen. Ok,
alles klar so weit. Ich legte mein Handy zur Seite und sah Ben, der wie aufgeregt mit dem
Wischmop durch die Wohnung lief, um mein Fruchtwasser aufzuwischen. Schlafen gehen konnte
ich jetzt nicht, ich hatte seit Stunden nichts Vernünftiges gegessen und war sowieso total fertig
mit den Nerven. Wir beschlossen also erstmal mit meiner Mutter und ihrem Partner noch etwas zu
essen. Hierbei ließ meine Aufregung immer mehr nach und ich konnte mich entspannen. Dem
Mann meiner Mutter gelang dies nach drei Gläsern Wein dann letztendlich auch. Gegen 22:00 Uhr
gingen wir ins Bett, bis jetzt hatte ich nur ein leichtes Ziepen im Bauch, wie bei den
Übungswehen. Ich war allerdings doch noch zu aufgeregt, um zur Ruhe zu kommen. Mit der Zeit
nahm die Wehentätigkeit immer mehr zu. Gegen 24:00 Uhr fing meine Gebärmutter an, sich
schmerzhaft zusammen zu ziehen, der Druck auf den Muttermund nahm zu. Ich konnte mich
Zuhause überhaupt nicht mehr entspannen. Obwohl ich wusste, dass alles in Ordnung war,
beunruhigte mich der ständige Abgang des Fruchtwassers. Ich lauschte immer wieder in meinen
Bauch hinein, ganz tief in mir drin wusste ich, dass alles in Ordnung war. Auch die Bewegungen
meines Babies bestätigten mir mein Gefühl. Trotzdem fragte ich mich ständig, wann der richtige
Zeitpunkt kommt, ins GH zu fahren. Ich konnte nicht richtig loslassen und auch den Muttermund
nicht entspannen. Ich war hundemüde. Dann wurde mir schlecht. Bis zum Klo schaffte ich es
nicht mehr, also schwammen halbe Champignonscheiben in unserem Waschbecken. So gut kaue
ich also, dachte ich. Das war um ca. 01:30 Uhr. Ben beruhigte mich, doch der Druck auf den
Bauch beim Erbrechen bereiteten mir Sorgen. Von Durchfall hatte ich gehört, aber war Kotzen
auch normal? Kurz darauf begann auf anderem Wege auch alles aus mir herauszuwollen. Wenn
das jetzt noch 12 Stunden so weitergeht, weiß ich nicht, wie ich das schaffen soll, plagte es mich.
Um 02:00 konnte ich dann nicht mehr. Ich war völlig fertig, müde und erschöpft. Ich hatte das
Gefühl, zuhause nicht weiterzukommen und einen Ortswechsel zu brauchen. Seit 12:00 Uhr waren
meine Wehen recht regelmäßig, also rief ich Lisa an. Sie und Jana seien eh im GH, eine andere
Familie bricht gerade auf. Wunderbar, wir bräuchten eine halbe Stunde. Beim Einsteigen konnte
ich direkt wieder umdrehen, mir war wieder schlecht. Wie hat Ben die Stückchen aus dem
Waschbecken entfernt? kam mir noch in den Sinn. Kurze Zeit später ging es dann los. Im Auto
war mir eiskalt, die Wehen wurden durch die Anspannung der Kälte schmerzhafter. Den Eimer
zwischen meinen Beinen brauchte ich dann zum Glück doch nicht.
Im GH angekommen fühlte ich mich erleichtert, der Drang einfach nur zu schlafen beherrschte
jedoch meine Gefühlswelt. Im Zimmer setzte ich mich aufs Bett, sofort ging es mir besser. Ich
konnte mich endlich entspannen. Jetzt waren auch die Wehen erträglicher. Lisa hatte sich
hingelegt, Jana war nun erstmal für uns da. Jana sagte mir, dass ich die Wehen total gut veratme.
Hä echt? Ich atme doch nur. Tut trotzdem echt weh, waren meine Gedanken dazu.
Der Muttermund war erst bei zwei Zentimetern. Scheiße, das ist ja noch gar nicht weit, dachte ich.
„Das ist nun der Moment wo wir euch eigentlich auf einen langen Spaziergang schicken, aber du
siehst ziemlich fertig aus.“, sagte Jana. „Ihr könnt hier bleiben, allerdings muss ich dich wieder
nach Hause schicken, wenn es in zwei Stunden keine Verbesserung gibt. Ansonsten müsstest du
wiederum eine Stunde später ins Krankenhaus.“
Wir entschieden uns dazu, zu bleiben. Zurück nach Hause wollte ich auf keinen Fall. Baden fühlte
sich in dem Moment sehr gut an, das konnte ich Zuhause auch nicht. Also ließ Jana mir
Badewasser ein, während ich mich in meiner Verzweiflung suhlte. Ich versuchte einen Schluck
Wasser zu trinken, der mir nach wenigen Minuten direkt wieder hochkam.
Als ich in die Badewanne stieg, merkte ich, wie kalt mir eigentlich war. Die wohlige Wärme gepaart
mit Entspannungsmusik verbesserte meinen Zustand zunehmend. Zwischen den Wehen machte
ich immer wieder die Augen zu, einnicken klappte jedoch nicht. So langsam bekam ich den Dreh
raus, wie die Wehen zu ertragen waren. ENTSPANNEN und ATMEN. Den Schmerz schön nach
Draußen pusten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit spürte ich den Drang, wieder herauszusteigen. Das war das wohl
längste Bad meines Lebens. Wir setzten uns aufs Bett, Ben hinter mich. Direkt kam die Kälte
wieder und ich zitterte, was in Verbindung mit den Wehen echt schmerzhaft war. Ich fühlte mich in
einem Teufelskreis gefangen aus Kälte und Zittern in der Wehenpause und Hitze während der
Wehe. Kurze Zeit später wollte Jana mich wieder untersuchen, wir waren nun bereits zwei
Stunden im GH. Jetzt war der Muttermund bei fünf Zentimetern. Ohje, das dauert wohl noch ewig,
dachte ich. Allerdings hieß der Fortschritt, dass wir bleiben durften. Beim Nachsorgetermin 6
Wochen später erfuhr ich dann, dass mein Fortschritt eigentlich ziemlich gut war. Ich befand mich
in dem Moment jedoch weiterhin in einem Zustand aus Kälte und Hitze, ich konzentrierte mich
lediglich auf das Atmen und Entspannen. Etwas anderes als Sitzen konnte ich nicht. Der Versuch
zu Liegen endete in größeren Wehenschmerzen. Zum Glück darf Ben bei mir sein. Das Gefühl,
körperlich und energetisch von hinten gestützt zu werden, hätte ich auf keinen Fall vermissen
wollen. Schon bald wurde es hell und ich konnte mir langsam vorstellen, dass man eine lange
Geburt aushalten konnte. Die Zeit verging doch recht zügig. Ich blieb die ganze Zeit über sitzen.
Ich hatte mich so viel damit beschäftigt, welche Stellungen man einnehmen könnte, wie man sich
bewegen könnte und so weiter. All das passte in dem Moment nicht. Sitzen war das einzig
passende.
Kurz darauf kam Jana wieder und teilte uns mit, dass eine frische Kathi bald übernehmen werde,
da sie selbst total fertig sei. In der vorherigen Nacht gab es bereits zwei Geburten und vor uns war
ja auch schon eine. Wir sagten ihr, dass sie die Pause dann wirklich verdient hatte und freuten
uns, Kathi wieder zu sehen.
Bei ihrer Ankunft sagte Kathi auch, wie gut ich die Wehen veratmete. Ich hatte immer noch das
Gefühl, es könnte weniger schmerzhaft sein. Jedoch hatte der Schmerz der heftigeren Wehen mit
der Zeit nicht mehr zugenommen. Die Aussicht, dass es nicht schlimmer werden würde, tat mir
gut. Jedoch kam mit jeder Wehe mehr Trauer und Verzweiflung in mir hoch. Ich wusste wirklich
nichts mit mir anzufangen.
Schon kurze Zeit später meinte Kathi: „Tessa, ich glaube du kannst dich so langsam vors Bett
knien. Wir brauchen ja auch eine Position, in der dein Baby dann auch rauskommen kann.“ Total
verdutzt schaute ich sie an und fing sofort an aus Erleichterung zu weinen. Das war in dem
Moment das gefühlt schönste, was je jemand zu mir gesagt hatte. Ich hatte es tatsächlich bald
geschafft. Wow. Müdigkeit, Trauer und Erschöpfung lösten sich in meinen Tränen auf. Ich begab
mich also in die Hocke vors Bett und sollte bei der nächsten Wehe mitschieben, wenn ich wollte.
Das tat ich auch, was sich für die Abwechslung total gut anfühlte. Der Schmerz wich einem
starken Druck. Ein Schwall Pipi kam beim ersten Pressen raus. Hihi, da ist ja doch noch was in
mir drin Kathi rief Johanna an, damit sie sich auf den Weg begab. Keine fünf Minuten später war sie
wieder am Telefon: „Ich glaube die Hunderunde schaffst du nicht mehr, komm jetzt.“ Bei jedem
Mal Pressen dachte ich: Bald habe ich es geschafft. Es ging mir dann allerdings doch nicht
schnell genug. Das Köpfchen sah Kathi schon und es fühlte sich jedes mal so an, als wäre es
schon fast draußen. Ben fing hinter mir an zu schluchzen. Weinen konnte ich jetzt nicht mehr, ich
konzentrierte mich mit aller Kraft auf das Herausrutschen meines Kindes. „Du kannst jetzt selbst
mal fühlen, wenn du willst.“, meinte Kathi. Oh, wow. Das war mir in dem Moment doch etwas zu
viel. Ich presste nochmal. Jetzt fühlte ich nach dem Kopf meines Kindes. Hui, ganz schön
schleimig. Und doch noch so weit drin!, dachte ich. „Jetzt ist der Moment, in dem es immer
wieder ein bisschen zurückrutscht.“, kommentierte Kathi. Ach scheiße, komm schon raus jetzt..
Ich motivierte mich noch kräftiger zu pressen. Ich fühlte mich, wie in meinem Buch zur
Geburtsvorbereitung beschrieben, wie vor einer Gipfelbesteigung. Kurz vor dem Gipfel fühlt es
sich an, als würde man es nicht schaffen. Dann kam Johanna dazu, sah ich sie wohl doch
nochmal. Lange würde ich es in der Hocke nicht mehr aushalten. Kathi riet mir, kurz aufzustehen
und mich mit der nächsten Wehe wieder hinzusetzen. Das half wirklich kurz. Mit dem nächsten
mal schaffe ich es! Ich muss mich aufs Loslassen konzentrieren. Mein Kind darf sich jetzt von mir
trennen. Ich gab nochmal alles, und presste alles energetisch nach Unten. Ich atmete nichtmal
aus, um alles auf das Herauskommen des Babies zu lenken. Und dieses mal klappte es. Ich sah
etwas blau, weiß schmieriges zwischen meinen Beinen hervorkommen. So sieht also ein
Neugeborenes aus. Irre. Nun drehte sich das kleine Wesen noch einmal um 180°. Ich fand das
total Verblüffend, was die Kleinen bei einer Geburt selber leisten. Die wissen im Gegensatz zu uns
Gebärenden genau, was sie machen müssen. Beim erneuten Pressen wurde der Körper geboren.
Ich hatte es tatsächlich geschafft! Mein Baby war auf der Welt. Kurz darauf begann sie dem
Trauma der Geburt Ausdruck zu verleihen und schrie einige Momente, bis sie dann ganz ruhig um
sich blickte. Johanna half mir das kleine Wesen auf den Arm zu nehmen. Ich fühlte mich total
hilflos und wusste gar nicht, wie ich so einen kleinen Menschen anfassen und hochnehmen
musste. Die Plazenta kam wenige Zeit später und es verblieb ein unangenehmes Brennen im
Intimbereich. Ist wohl viel gerissen?, fragte ich mich.
Ich konnte das Wunder, was ich in meinen Armen hielt gefühlsmäßig noch gar nicht begreifen.
Mich beherrschte eine riesige Erleichterung, es geschafft zu haben. Ich fühlte mich wie neu
geboren, hatte ich während der Geburt bestimmt drei mal das Gefühl, dass ein Teil in mir stirbt.
Außer vier kleinen Rissen, die aussahen, wie Schürfwunden, war ich unversehrt. Die
Dammmassage hatte sich wohl gelohnt. Aurélie kam mit 2700g und 47cm um 6:49 Uhr zur Welt.
Meine ganze Vorbereitung machte sich bezahlt, war dies für meine erste Geburt doch sehr schnell
(Beginn der regelmäßigen Wehen um ca. 02:00 Uhr).
Ich bin unfassbar dankbar, dass ich im Geburtshaus entbinden durfte. Kein Ort hätte mir zu einer
besseren Entspannung verholfen. Die Ruhe und Gelassenheit der Hebammen vermitteln eine
riesige Sicherheit, dass alles OK ist. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, es könnte etwas
schief gehen. Ebenfalls dankbar bin ich für die dauerhafte Anwesenheit meines Partners, was im
Krankenhaus wegen Corona nicht möglich gewesen wäre. Ich habe ein tiefes Mitgefühl mit den
Frauen, die das Erlebnis der Geburt größtenteils alleine unter Hygienebestimmungen durchstehen
mussten und müssen. Ich habe wirklich kein Verständnis dafür, warum der Mann keine Rolle
hierbei spielen sollte. Die emotionale Unterstützung und der Halt, den der Mann bei einer Geburt
gibt, sind, meiner Meinung nach, von unfassbarer Bedeutung. Danke!