Heute bist du eine Woche alt, kleiner Ole und ich werde versuchen, deine wunderbare Geburt in Worte zu fassen.
Vielleicht beginne ich mit der Geburt aus Sicht des Vaters:
Am Abend des 19.07.2018 gehe ich wie gewohnt schlafen. Jede Nacht könnte es soweit sein, dass sich Ole auf den Weg macht. Plötzlich werde ich geweckt: „Ich habe Wehen!“. Schon ist meine Frau wieder aus dem Schlafzimmer verschwunden. Ins Bad. Es muss kurz vor 4Uhr morgens sein, aber das nehme ich in diesem Augenblick gar nicht so genau wahr.
Ich ziehe mich an, schließe die Türen der Kinderzimmer in denen die zwei älteren Brüder schlafen und folge ihr ins Badezimmer. Dort sitzt sie auf der Toilette und veratmet ihre Wehen. Sie scheinen sehr stark zu sein. Ich warte auf Anweisung von ihr. „Ich kann nichts sagen!“, presst sie hervor. Ich fordere sie auf, weiterzuatmen, statt die Luft anzuhalten. Vorsichtig trockne ich ihr Gesicht ab. Und nach kurzer Zeit die zwei Worte: „Ruf an!“ Das bedeutet, dass ich den Hebammen Bescheid geben soll. „Küche, Mutterpass, 1.Nummer!“ Ich gehe Telefon und Mutterpass holen und wähle die Nummer. Nochmal von vorne, ich habe mich vertippt. Sabine geht ans Telefon. Ihre Fragen kann ich kaum beantworten, da ich ja bis gerade noch geschlafen hatte. „Sie hat sehr starke Wehen!“ Meine Frau ergänzt mühsam „Um 3Uhr fing es an!“ Sabine gibt an, dass sie Johanna anrufen werde, da diese 500m von uns entfernt wohnt und damit den kürzeren Weg zu uns hat. Ich sage meiner Frau, die immer noch auf der Toilette sitzt, dass ich die Haustür aufschließen und Folien im Wohnzimmer auslegen werde.
Ich höre, dass das Telefon klingelt, das ich im Bad habe liegen lassen. Als ich dort bin, ist es vorbei. „Kannst du zurückrufen?“ bittet meine Frau. Ich rufe zurück, es ist Sabine. Sie habe Johanna angerufen. Wo meine Frau den Druck spüren würde, möchte sie wissen. „Nach unten! Ich glaube, er kommt!“ Meine Frau erhebt sich von der Toilette. Ich lege auf. „Das Köpfchen kommt! Handtücher!“ Danach: „Hilf mir ihn zu halten!“ Ich halte bereits meine Hand unter dem Köpfchen meines Sohnes. „Ist es schon ganz draußen?“ möchte meine Frau wissen. „Noch nicht ganz!“ erkläre ich ihr. Sie schiebt mit und schon ist der Kopf geboren. „Jetzt!“ teile ich ihr mit. „Ich versuche zu warten, dass sich die Schultern drehen können!“ erklärt sie mir. Aber das höre ich gar nicht. Ich wähle die Sabines Nummer und berichte ihr, dass das Köpfchen schon da ist. Sollte ich weitere Anweisungen brauchen, kann ich sie direkt fragen. Ich lege das Telefon auf den Boden. Und schon schiebt meine Frau den Körper unseres Sohnes in meine Hände. Da ist er. Etwas bläulich sieht er aus. Ich höre die Türklingel. Mit Geburtshelferhänden öffne ich Johanna die Tür und begrüße sie grinsend: „Zu spät!“ Ab jetzt übernimmt Johanna. Sie gibt Sabine kurz eine Rückmeldung, dass sie jetzt da und alles in Ordnung ist und legt auf. Zeitpunkt der Geburt 4.14Uhr. Habe ich nicht gerade noch geschlafen?
Aus meiner persönlichen Sicht werde ich etwas ausschweifender:
Es ist November 2017, mein Mann und ich stehen im Bad und gucken auf den Schwangerschaftstest. „Sie sind schwanger“. Mein dritter Test fürs dritte Kind. Wir haben bereits zwei Jungen. Es ist Wochenende und ich nehme mir vor, am Montag morgen direkt im Geburtshaus anzurufen und mich dort zur Hausgeburt anzumelden. So mache ich es. Dort wird meine Anmeldung sehr herzlich aufgenommen. Um mir meine Entscheidung offen zu halten, melde ich mich ebenfalls in einer Privatklinik an. Diese möchte ich mir an einem Informatiionsabend einmal anschauen. Die telefonische Anmeldung dort ist eher sachlich.
Mein Mann und ich haben entschieden, den Kindern erst nach gut verlaufenen 12 Wochen vom Familienzuwachs zu erzählen. Am Silvestermorgen liegen wir zu viert im Bett, als wir es ihnen mitteilen. Alleine für die leuchtenden Augen der Jungs hat sich unsere Entscheidung für ein drittes Kind schon gelohnt. Unser ältester Sohn entscheidet für sich, dass es ein Mädchen werden soll. Er möchte wissen, wie es mit einem Mädchen ist. Und dann könne er sie später heiraten.
Als sich einige Wochen später herausstellt, dass es ein Junge wird, stellt er ganz überzeugt fest: „Das Baby lässt nicht über sich bestimmen!“ Wie recht er hat!
Anfang des Jahres beginnen dann die Vorsorgeuntersuchungen im Geburtshaus. Der Infoabend in der Klinik kommt, es ist rappelvoll und ich bin schon im ersten Teil der Veranstaltung mit verschiedenen Aspekten uneins. Sollte ich in einer Klinik entbinden müssen, würde ich die ambulante Variante wählen (Notfälle ausgeschlossen). In der Pause spreche ich den Arzt an, wie es denn mit Verlegungen von Hausgeburten sei, wenn diese notwendig würden. Da die Klinik kontrollierte Geburten durchführen würde, wäre dies nicht möglich. Auch blieben die Frauen nach der Geburt mindestens vier Tage stationär. Das reicht mir aus, mich gegen die Klinik zu entscheiden, so dass wir bereits in der Pause den Infoabend verlassen.
Bei den zwei vorhergehenden Schwangerschaften hatte ich jeweils einen Geburtsvorbereitungskurs belegt. Diesen empfinde ich jetzt als nicht notwendig. Meine Schwester hat mich mit diverser Literatur zum Thema Geburt (Hypnobirthing, Alleingeburt, Meisterin der Geburt,…) versorgt. Ich bin dadurch informierter denn je. Auch im Bezug auf mögliche Komplikationen und wie ich diese als Frau positiv unterstützen und ihnen entgegen wirken kann. So selbstverständlich mein Verständnis einer natürlichen und selbstbestimmten Geburt bereits war, umso sicherer fühle ich mich jetzt. In der Theorie hatte ich mir vorgenommen, regelmäßig Übungen aus dem Hypnobirthing zu machen. Genauso wollte ich, im Gegensatz zu den zwei vorhergegangen Geburten einen Schwangerschaftskurs wie Yoga oder etwas ähnliches belegen. Ein paar Atemübungen habe ich sporadisch durchgeführt. Das war es dann auch. Mit zwei Kindern war ich jedoch sowieso in Bewegung.
Bei den Vorsorgeuntersuchungen im Geburtshaus sollte ich alle mir noch unbekannten
Hebammen kennenlernen. Sabine und Edith kannte ich bereits von der Geburt meines zweiten Kindes. Ein Treffen mit Johanna konnte zweimal nicht stattfinden (Krankheit meiner Kinder und dann kam eine Geburt dazwischen), dafür hatte ich drei Termine bei Dori. Ein Zeichen?
Da die beiden ersten Kinder je zwei bzw. drei Tage vor dem errechneten Entbindungstermin zur Welt kamen, bin ich fest davon überzeugt, auch in dieser Schwangerschaft nicht über den Termin zu gehen. Laut Ärztin könnte ich mit dieser Vermutung recht haben. Da geschätze Gewicht teilt sie mir mit, den Kopfumfang nicht, jedoch frage ich auch nicht. Irgendwie ist es mir hier lieber, ich weiß nicht, was mich erwartet.
Beim letzten Vorsorgetermin im Geburtshaus bei Maike erkundige ich mich, wie es eigentlich mit Akupunktur aussieht, beim dritten Kind. Irgendwie wollte ich mich längst danach erkundigen, jedoch habe ich es im Alltagstrott immer vergessen. Sie rät mir jedoch davon ab: „Oder möchtest du, dass es direkt losgeht und es von uns keiner mehr zu euch schafft?“
Mein ursprünglicher „Plan“ ist es, dass Zwerg Nr. drei zumindest ein paar Tage vor den Sommerferien zur Welt kommt, um mit Hilfe von Kita und Schule noch ein paar Ruhestunden am Tag zu Hause zu haben. Die Sommerferien beginnen, ich bin noch immer schwanger. In den Abendstunden spüre ich immer mal wieder ein wehenähnliches Gefühl, jedoch nicht so stark, dass es der Startschuss zur Geburt wäre.
Der erste Feriendienstag ist der errechnete Entbindungstermin und ich tauche doch wieder bei meiner Ärztin auf: „Sie wollten heute doch nicht mehr kommen!“ Auch hier scheint unser drittes Kind gerne selber entscheiden zu wollen. Die Untersuchung der Ärztin ergibt, dass der Muttermund sich auf 3cm geöffnet hat, alles andere auch soweit in Ordnung ist. „Alles was Sie brauchen, sind ein paar Wehen!“ Sie möchte mich nach einer Woche wiedersehen, die anderen Termine werde ich im Geburtshaus wahrnehmen. Eine Eipollösung möchte ich nicht vornehmen lassen. Ich denke, dass Körper und Kind
sich melden werden, wenn sie bereit sind. An diesem Tag rufe ich also im Geburtshaus unter der ersten Handynummer an und teile mit, dass mein Entbindungstermin erreicht ist und ich einen Termin in zwei Tagen zur Kontrolle bräuchte. Ich habe Johanna am Telefon. Sie ist die einzige der Hebammen, die ich bisher nicht kennengelernt habe. Sie gibt mir einen Termin in zwei Tagen bei sich selbst, damit wir uns auch noch kennenlernen können, da sie in der Woche mit Sabine Dienst hat. Da Sabine bereits das Geburtsvorbereitungswochenende bei unserem zweiten Kind gemacht hat und dann auch bei dessen Geburt dabei war, freue ich mich sehr und hoffe, dass sie erneut bei der Geburt unseres Kindes dabei sein wird. Abends habe ich weiterhin ein paar Wehen, sobald ich mich ins Bett lege, sind diese verschwunden.
Donnerstags lerne ich also Johanna kennen. Nach der Vorsorge verabschiedet sie sich augenzwinkernd bei mir mit den Worten: „Bis später dann!“
Ein weiterer Plan von mir war es, dass ich mich, wenn ich meine, dass die Geburt losgehen sollte, in die Badewanne legen werde. Da wir selber kein haben, bin ich auf die Wanne meiner Eltern angewiesen. In den Schwangerschaften habe ich nicht gebadet. Jedoch habe ich sowohl am Abend vor der Geburt unseres ersten als auch unseres zweiten Kindes ein Bad genommen, wonach es einige Stunden später losging. Zufall?
Das Problem an der Sache ist, dass das Bad meiner Eltern renoviert wird. Es zieht sich jetzt bereits in die fünfte Woche und erst wenn der Maler sein ok gibt, darf Feuchtigkeit an die Wände, sprich, darf gebadet werden.
Johanna hatte mir ein Uterus-Öl mitgegeben, dass die Wehen anregen soll. Da ich es nicht im Badewasser anwenden kann, könnte ich es jedoch auch auf den Bauch massieren.
Als ich aus dem Geburtshaus zurück komme, treffe ich meine Mutter, die mich mit der Neuigkeit begrüßt, dass das Bad zum Baden freigegeben worden sei. Es scheint fast, als täte es ihr leid, dass ich so lange darauf warten musste. Das Waschbecken, die Heizung, das Licht,… alles fehlt noch, aber ich kann baden.Als die Kinder also im Bett sind, verschwinde ich zu meinen Eltern und nehme ein Bad mit Ut-Öl. Zu merken ist nichts, keine Wehen wie an den Abenden vorher. Also beenden wir den Abend wie gewohnt und gehen schlafen.
Nachts um kurz nach drei Uhr wache ich von einem bekannten Schmerz auf. Ich weiß sofort, dass war eine Wehe!!! Ich veratme diese sofort. Als die nächste Wehe kommt und ich auf die Uhr schaue, ist es 3.24Uhr. Ich verschränke meine Hände mit starkem Druck ineinander, um den Schmerz besser aushalten zu können und konzentriere mich aufs atmen. Die Dauer der Wehe spielt für mich noch keine Rolle, da sie bei diesem Abstand ja noch nicht so akut sein können. 3.36Uhr ist es bei der nächsten Wehe. Ich möchte nicht mehr liegen bleiben. Ich schnappe mir meine bequeme Hose und eine Jacke zum Überziehen und verlasse leise das Schlafzimmer.
Zu meinen Vorstellungen der Geburt gehörte ebenfalls, dass ich, schließlich ist es Juli, entspannt durch den sommerlichen Garten wandere und dort ein paar Wehen veratme.
Bei Kind Nr.2 hatten wir recht schnell nach Wehenbeginn den Hebammen Bescheid gegeben, da nach der ersten Geburt von 3 ½ Stunden eine kürzere Geburt zu erwarten war. Gedauert hat sie dan tatsächlich 5 Stunden. Daher möchte ich jetzt noch keinen Trubel machen. Es war ja auch erst Wehe Nr. 3. Ich gehe auf die Gästetoilette, als die nächste Wehe kommt. In dieser Position auf der Toilette sitzend geht es irgendwie besser, aber die Wehen werden auch stärker. Kurz kann ich mich aufstellen und das Becken kreisen lassen, sinke dann jedoch direkt wieder auf die Schüssel. Ich veratme, versuche mich zu entspannen, rufe mir in Erinnerung, was ich mir aus den Büchern angelernt habe. Aber irgendwie müsste ich meinem Mann Bescheid geben. Ich möchte und kann nicht durchs ganze Haus schreien. Ich harre aus und warte einen Moment ab, in dem ich mich besser bewegen kann.
Dann „sprinte“ ich gefühlt ins Schlafzimmer: „Ich habe Wehen!“ und verschwinde ins Badezimmer, wo ich mich auf der Toilette niederlasse.Einen Augenblick später kommt mein Mann ins Bad. Er wartet ruhig ab und erinnert mich zwischendurch daran, dass ich weiteratmen und nicht die Luft anhalten soll. Ich schwitze und er trocknet mir mit einem
Handtuch das Gesicht ab.
„Ruf an! Küche, Mutterpass, 1.Nummer!“ Er verlässt das Zimmer und ist kurz danach wieder da. Ich versuche tief in den Bauch ein- und nach unten auszuatmen. Er kommt zurück. Ich merke, dass er die Telefonnummer zweimal eingeben muss, er hat sich wohl vertippt. Er meldet sich am Telefon und erklärt, dass ich starke Wehen habe. Dann legt er wieder auf. Auf dem Geburtsbericht des Geburtshauses ist später zu lesen, dass es 4 Uhr ist, als er anruft. „Das war Sabine, sie ruft Johanna an, damit sie kommt“! „Ich gehe die Haustür aufschließen und lege Folie aus!“ Dann ist er weg. Einen Augenblick später klingelt das Telefon. Ich komme nicht dran, da ich mich nicht von der Toilette wegbewegen möchte und sprechen hätte ich eh nicht können. Mein Mann hat das Telefon klingeln gehört und kommt zurück ins Bad. Das Klingeln hat bereits aufgehört. Ich stöhne und atme und ächze weiter vor mich hin und bitte ihn kurz angebunden, doch zurückzurufen. Es ist Sabine. Sie teilt meinem Mann mit, dass Johanna informiert ist und sich auf den Weg macht. 500m Entfernung liegen zwischen unseren Häusern. Daher hatten Sabine und Johanna bereits ausgemacht, dass bei Bedarf Johanna als erstes vorbei kommt. Mit dem Fahrrad ist sie etwa eine Minute unterwegs.
Dann möchte Sabine am Telefon wissen, wo ich den Druck spüre. „Nach unten! Ich glaube, das Kind kommt!“ Dass mein Mann auflegt, bekomme ich gar nicht mit. Ich stehe von der Toilette auf und kann bereits das Köpfchen fühlen. Ich bitte meinen Mann: „Kannst du mit festhalten?“ Dann hocke ich mich hin. „Handtücher!“ fordere ich ein. Er greift nach den ersten zwei Handtüchern, die er in der Schublade in die Hand bekommt und legt sie auf den Boden.
Ich versuche sanft zu pressen, eher zu schieben, und spüre, wie das Köpfchen sich herausschiebt. „Ist es ganz draußen?“ Ich suche nach Absicherung, um zu wissen, was ich zu tun habe. „Noch nicht ganz!“informiert mich mein Mann. Ich schiebe weiter und bekomme die Information: „ Jetzt ist es draußen!“ „Dann versuche ich jetzt zu warten, dass sich die Schultern drehen können!“ versuche ich mir selbst Anweisungen zu geben. Ich bekomme in dieser Phase gar nicht mit, dass mein Mann erneut Sabine anruft, um ihr zu sagen, dass das Köpfchen geboren ist und er bei Bedarf gerne Fragen an sie stellen können möchte. Ich kann jedoch nicht lange warten, denn das Gefühl lässt mich weiterschieben. Es scheint gereicht zu haben, denn der kleine Körper wird geboren. Es ist 4.14Uhr. Er sieht ein bisschen bläulich aus, sonst jedoch wie ein perfektes, kleines Wesen. Ich begrüße ihn ganz glücklich. „Es hat geklingelt!“ merkt mein Mann, ich hatte es nicht gehört. Johanna erzählt später, dass sie bereits ein zweites Mal geklingelt hat, da wir das erste Klingeln wohl nicht gehört hatten. Jens legt den kleinen Ole vorsichtig auf eins der Handtücher und geht mit angewinkelten Armen zur Haustür, um Johanna zu öffnen. Später erzählt er mir, dass er ihr mit den Worten: „Zu spät!“ die Tür geöffnet habe.
Ich bin noch ganz überwältigt von dem, was da gerade passiert ist, als Johanna hereinkommt, die Situation mit einem Blick zu erfassen scheint, mir gratuliert und den kleinen Ole begutachtet. Ich ziehe mein Oberteil aus und nehme Ole an meinen nackten Körper. Er fühlt sich sehr gut an. Johanna zeigt uns, dass die Nabelschnur bereits auspulsiert ist, so dass mein Mann diese durchschneiden kann. „Möchtest du das dieses Mal selbst machen?“ fragt er mich. Jedoch finde ich, dass das irgendwie seine Aufgabe ist. Johanna packt ihr Notfallset aus (die Geburtstasche ist ja im Geburtshaus) und Mein Mann schneidet die Nabelschnur durch. Dann wird Ole, nachdem ich ihm mit einem Griff zum Toilettenpapier das erste Mal den Po abgeputzt habe, in ein Handtuch gewickelt und mein Mann nimmt ihn auf den Arm.
„Spürst du schon ein bisschen Druck?“ fragt mich Johanna im Hinblick auf die Plazenta, die noch geboren werden muss. Ich spüre keine Wehe, aber ein bisschen Druck nach unten. Johanna zieht vorsichtig an der Nabelschnur, ich presse einmal und die Plazenta ist da. „Du hast nicht viel Blut verloren. Fühlst du dich vom Kreislauf fit und möchtest Duschen?“ fragt mich Johanna. Nach dem Duschen gehen wir ins Wohnzimmer, wo die ausgebreiteten Folien ungenutzt herumliegen. Auf dem Sofa führt Johanna die U1 durch. In dieser Zeit klingelt es erneut und Sabine kommt dazu. Ich habe sie seit der Geburt unseres zweiten Sohnes vor 4 ½ Jahren nicht mehr gesehen und freue mich sehr darüber, dass sie noch dazu kommt. Nach der U1 wechseln Ole und ich ins Bett. Als wir an den Kinderzimmertüren vorbeikommen, staune ich, dass ich gerade direkt neben ihren Türen
ein Baby zur Welt gebracht habe, und beide großen Brüder weitergeschlafen haben.
Nach einer Weile des Kuschelns hilft mir Sabine beim ersten Anlegen. Einen kleinen Moment dauert es, dann beginnt Ole zu saugen. Ein guter Start!
Johanna und Sabine machen den Schreibkram fertig, Sabine untersucht mich noch und zum Glück ist es wie beim vorherigen Mal, dass nichts genäht werden muss.
Nachdem sich Johanna und Sabine verabschiedet haben, nutzen wir den ruhigen Moment zu dritt. Um halb sieben hören wir unseren großen Sohn und mein Mann geht zu ihm, um ihn zu holen. Er ist noch etwas verschlafen, jedoch beginnen seine Augen zu leuchten, als wir ihm seinen Bruder Ole vorstellen. Ganz andächtig und vorsichtig wiederholt er den Namen „Ole“. Und dieses Leuchten und diese Bewunderung in seinen Augen sind bis heute geblieben.
Bis unser mittlerer Sohn aufwacht vergeht noch einige Zeit und auch er schaut sehr glücklich und selig auf den kleinen Zwerg.
Abschließend kann ich sagen, dass dieses besondere Erlebnis, Oles Geburt so selbstverständlich und ruhig gemeistert zu haben, für meinen Mann und mich etwas ganz besonderes ist. Wir sind stolz auf uns! Und der verbogene Toilettenpapierhalter erinnert mich täglich daran!
Vielen Dank an das Geburtshaus mit all seinen wunderbaren Hebammen, die uns auf dem Weg zu dieser natürlichen, unkomplizierten und wundervollen Geburt begleitet haben. Macht weiter so!