Jaro Fin
Geboren am 9. Juni 2019
Die Schwangerschaft würde Pfingsten nicht überstehen, versicherte mir die Gynäkologin, als ich mich einen Tag nach dem errechneten Geburtstermin untersuchen ließ. Und tatsächlich: Am Samstagabend vor Pfingsten löste sich der Schleimpfropf. Wenige Minuten später fingen die Wehen an – zunächst als ein leichtes Ziehen im Bauchraum bemerkbar, das dann so stark wurde, dass ich nicht einschlafen konnte. Also wechselte ich ins Wohnzimmer und versuchte, mich die Nacht über abzulenken.
Am frühen Morgen duschte ich und rief die Hebamme Edith an. Da ich begonnen hatte, die Wehen aktiv zu veratmen, kam sie für eine Untersuchung zu uns nach Hause. Der Muttermund war zwei Zentimeter geöffnet – eine Enttäuschung für mich nach der schlaflosen Nacht. Edith war dagegen zufrieden und meinte, die ersten Zentimeter seien die schwersten und am frühen Abend könne unser Baby bereits auf der Welt sein. Durch ihre entspannte und freundliche Art bekam ich wieder Zuversicht.
Die Wehen wurden im Laufe des Tages stärker und ich fing an zu tönen. Edith kam noch ein weiteres Mal für eine Untersuchung zu uns nach Hause und am Nachmittag fuhren wir mit dem Storchentaxi ins Geburtshaus, wo Edith uns empfing und ich in die Badewanne steigen konnte. Die Zeit im warmen Wasser fühlte sich nach den anstrengenden Stunden zuvor wie ein Wellnessurlaub an. Mein Partner David und Edith blieben die ganze Zeit bei mir, brachten Getränke und Snacks und halfen mir, in den Wehen nicht zu verkrampfen.
Nach zwei Stunden stieg ich für eine vaginale Untersuchung aus der Wanne. Der Muttermund war zu zwei Drittel geöffnet. Das war vielversprechend, aber da sich der Kopf noch nicht richtig ins Becken eingestellt hatte, sollte ich mich bewegen und ging im schönen, großen Geburtszimmer auf und ab. Die Wehen veratmete ich im Stehen, abgestützt auf David. Als das zu anstrengend wurde, lag ich für eine Weile auf dem Himmelbett. Leider wurde deutlich, dass die Wehen in größeren Abständen kamen und auch nicht mehr so stark waren. Zugleich wurde ich immer müder und erschöpfter.
Edith erklärte uns, dass der Geburtsvorgang verzögert sei und schlug vor, die Fruchtblase einzustechen. Dadurch sollten die Wehen angekurbelt werden und ich durch entsprechende Hormone wieder mehr Energie bekommen. Als das Fruchtwasser aus mir herausrinn, hatte ich erst etwas Angst. Das hielt aber nicht lange an, da die Wehen tatsächlich viel stärker wurden und ich mich belebter und kräftiger fühlte. Meine A-, O- und U-Töne wurden mit der Zeit immer lauter. Ich hatte das Gefühl zu platzen und schrie alles aus mir heraus.
Eigentlich wollte ich das Baby gerne in der Badewanne gebären und Edith ließ das Wasser ein, aber während ich noch auf dem Bett lag, begannen die Presswehen. Ich schob mit und konnte mich nur noch mit großer Hilfe in die tiefe Hocke vor das Bett gleiten lassen. Hier stützte ich mich auf Davids Beinen ab, der auf dem Bett saß. Edith und Marisa, die zweite Hebamme, die noch dazu kam, hockten sich vor mich. Mittlerweile war es Nacht und ich presste und presste. Edith sprach mir die ganze Zeit in einer sehr angenehmen Art und Weise zu. Ich konnte nicht mehr antworten, hörte aber genau, was sie sagte und befolgte ihre Anweisungen.
Nach einer knappen Stunde wurde der Kopf geboren. Wie sich später herausstellte, betrug der Kopfumfang ganze 38 Zentimeter. In einer zweiten Wehe glitt der restliche Körper aus mir heraus. Ich öffnete meine Augen und vor mir lag das schreiende Baby. Ein unglaublicher Moment! Ich war überwältigt.
Wenig später kam die Plazenta nach und danach durften wir mit unserem Baby auf dem Bett liegen. Wir wurden sehr gut umsorgt und ich werde die besondere
Atmosphäre in der Pfingstnacht im Geburtshaus nie vergessen. Die ganze Zeit habe ich mich sicher gefühlt. Wir sind froh, dass wir die Möglichkeit bekommen haben, unser Kind dort zur Welt zu bringen. Edith begleitete uns großartig, vielen Dank!
LT