Morgen wird Jona vier Wochen alt. Wie die Zeit vergeht! Also mache ich mich mal an den Geburtsbericht.
Der Entbindungstermin war von Ende November auf den 9.Dezember korrigiert worden. Je näher der Termin kam, umso ungeduldiger wurde ich. Mich mit dickem Bauch um unseren zweijährigen Sohn zu kümmern war manchmal ganz schön umständlich. Insgesamt konnte ich diese zweite Schwangerschaft jedoch mehr genießen.
Beim ersten Kind hatte ich am Abend vorher gebadet und angenommen, dass das den Startschuss für die Geburt gegeben hatte (nachts ging es dann los). Als ich also keine Lust mehr hatte, auf die Geburt zu warten, bin ich am 5.12. abends erneut in die Badewanne gestiegen.
…und los geht’s:
Ähnlich wie in den Wochen vorher muss ich nachts zur Toilette. Es ist der 6.12., kurz nach 5Uhr. Ein nasser Fleck in der Unterhose lässt mich erahnen, dass es tatsächlich nach dem Bad am Abend loszugehen scheint. Eine Viertelstunde später – zurück im Bett- ist ein erstes Ziehen, eine erste Wehe spürbar. Ich nehme sofort eine Uhr zur Hand, um ein Gefühl dafür zu kriegen, wie lang die Abstände sind. Es startet mit Abständen von sieben Minuten. Da unser erster Sohn nach dreieinhalb Stunden auf der Welt war, hatten mir alle geraten, möglichst zügig Bescheid zu geben, da die zweite Geburt wahrscheinlich schneller gehen würde.
Nach ca. 20min wird mein Mann darauf aufmerksam, dass ich mit meinem Handy beschäftigt bin. Natürlich fragt er, was los sei. Ich sage ihm, dass es jetzt wohl losginge, wir aber um 6Uhr ganz normal aufstehen können und dann weitersehen werden, wie sich die Lage bis dahin entwickelt.
Kurz vor sechs stehe ich auf, packe noch ein paar Kleidungsstücke in die Kliniktasche, für den Notfall. Die Abstände zwischen den Wehen liegen bereits bei drei bis fünf Minuten. Also ist uns schon klar, dass mein Mann an diesem Morgen nicht zur Arbeit fahren wird.
Wir machen uns fertig, packen auch bereits Sachen für unseren zweijährigen Sohn, der für die Geburt zu meinen Eltern gehen wird. Um halb sieben rufen wir unter der Nummer vom Geburtshaus an und wecken Nike. Verschlafen willigt Nike ein, bald vorbeizukommen. Noch kann ich die Wehen auf die Stuhllehne gestützt veratmen. Ich rufe bei meinen Eltern an, um sie vorzuwarnen, dass sie heute auf unseren „Großen“ aufpassen müssen. Beim ersten Versuch geht nur der AB dran. Direkt nochmal. Mein Papa ist dran und verspricht direkt zu uns zu kommen (nur wenige Schritte zu Fuß), um ein paar Sachen für unseren Sohn abzuholen. Kleidungsstücke und Frühstücksutensilien packe ich in einen Korb. Als ich auf den Wetterbericht gucke, ist leichter Schneefall angesagt. Ob das noch problematisch für die Hebammen wird, zu uns zu kommen? Draußen ist es noch dunkel. Kurz vor sieben klingelt schon das Handy meines Mannes, weil ein Arbeitskollege Anweisungen braucht. Ich behaupte, er ist nur neugierig, weil er sich denken kann, dass mein Mann nur aus einem Grund noch nicht bei der Arbeit ist!!!
Ich stehe schon an der Hängeschaukel in unserem Wohnzimmer und veratme dort die Wehen. Ich bin glücklich, dass mein Mann sie noch vor ein paar Tagen ins Wohnzimmer gebaut hat. Um 7Uhr weckt mein Mann unseren Sohn. Unser Sohn ist ganz aufgeregt, weil vor seiner Zimmertür sein am Vorabend geputzter Stiefel steht. Gefüllt mit einem Apfel und Turnschläppchen. Anschließend kommt er im Schlafanzug ins Wohnzimmer geflitzt, wo er eigentlich jetzt Schaukeln möchte. Ich sage ihm, dass das nicht geht. Ich hätte Bauchweh und müsste mich festhalten. Er akzeptiert das.
Es klingelt und mein Vater kommt wieder. Unserem Sohn erklären wir, dass er heute bei Oma und Opa frühstücken wird. Ein Abschiedskuss und schon geht es mit Winterjacke über dem Schlafanzug nach draußen. Im Licht schimmert der sanft fallende Schnee und unser Sohn ist begeistert. Mein Mann und mein Vater bringen unseren Sohn zum Haus meiner Eltern. Ich stehe an der Schaukel und veratme die Wehen.
Um kurz nach 7 kommt Nike. Sie ist ganz ruhig, nimmt die Situation auf und bestärkt mich, dass alles gut läuft. Sie fragt, ob Franziska, die neu im Team ist, dazu kommen könnte. Also lerne ich auch Franziska kennen. Als zweite Hebamme aus dem anderen Team kommt Sabine dazu. Ich freue mich sehr, da wir bei Sabine ein ganzes Wochenende zum Geburtsvorbereitungskurs waren und sie dabei gut kennen und schätzen gelernt haben. Irgendwie ist uns das Thema Geburt im Zusammenhang mit Sabine vertraut.
Eine längere Weile veratme ich die Wehen im Vierfüßlerstand auf einen „Kindermöbel-Mond“ gestützt und möchte mich eigentlich gar nicht aus der Position wegbewegen. Bei jeder Wehe greife ich stärker ins Tragetuch, das ich an der Schaukel befestigt habe. So kann ich mich gut daran festhalten.
Nike hat mich untersucht und festgestellt, dass der Muttermund vollständig geöffnet ist. Das Mitschieben von meiner Seite klappt irgendwie nicht so richtig. Also soll ich nochmal eine andere Position einnehmen. Zuerst veratme ich einige Wehen auf der Toilette. Mein Mann ist ununterbrochen bei mir. Entweder gibt er mir Druck auf mein Kreuzbein, was ich als entlastend empfinde, oder er sitzt vor mir, so dass ich mich an ihm festhalten bzw. an ihm festkrallen kann. Zwischendurch überlege ich mal, ob sich die Nachbarn vielleicht über Geräusche wundern. Ich finde mich ziemlich laut, aber es tut mir gut, in der Lautstärke zu tönen. Komme ich zwischendurch aus dem Konzept, fangen Nike oder Sabine einfach mit der Hilfsatmung an, so dass ich einfach mitmachen kann. Das ist sehr angenehm.
Im Stand hänge ich mich ins Tragetuch, aber auch da passiert nicht so viel. Also noch einen Positionswechsel. Erst auf der einen Seite liegend, dann auf der anderen. Ich presse, aber die Wirkung bleibt aus. Die Herztöne des Zwerges gehen leicht herunter, so dass ich die nächsten Wehen veratmen soll. Nike verrät mir nachher, dass Sabine schon eine Spritze mit einem wehenhemmenden Mittel parat hält. Aber das Veratmen klappt. Ununterbrochen bestärken mich Nike und Sabine darin, was ich mache und loben mich. Das tut verdammt gut.
Als ich Nike später frage, was in dieser Situation, als nichts weitergehen wollte, im Krankenhaus gemacht worden wäre, sagt sie, dass dann wohl von oben gedrückt oder von unten gezogen worden wäre. Abwarten hätte wohl eher nicht auf dem Programm gestanden. Ich bin so froh, dass ich mich gegen eine klinische Geburt entschieden habe.
Dann werden mir ein paar „Turnübungen“ verordnet. Linkes Bein hoch, rechtes Bein hoch, tiefe Hocke. Und wieder ein Positionswechsel. Mein Mann setzt sich auf den Hocker vom Sofa und ich hänge mich in seine Arme, in der tiefen Hocke. In dieser Position kommt Jona dann zur Welt (10.07Uhr). Erleichterung. Mann, ist der groß, der kleine Zwerg. Kein Wunder, dass meine Vorstellung, dass es einfacher wird als beim ersten Kind nicht funktioniert hat. Überglücklich halte ich Jona im Arm. Da ich ja noch vor meinem Mann sitze, hält er mich quasi im Arm. Ein sehr schöner Moment.
Als die nächsten Wehen kommen, frage ich Nike, ob ich pressen darf. Da die Nabelschnur noch pulsiert, soll ich es nicht. Ich kann aber nur noch sagen:“Da kommt aber jetzt was!“ und schon ist die Plazenta geboren. Auch hier sind die Hebammen von der Größe überrascht. Passend zum großen Jona.
Mein Mann schneidet die Nabelschnur durch und ich wechsele bald mit Jona aufs Sofa. Nike, Sabine und Franziska untersuchen die Plazenta auf Vollständigkeit, machen ein Fläschchen für Plazentaglobuli fertig, worum ich gebeten hatte und setzen sich dann an unseren Esstisch zur Dokumentation. Mein Mann, Jona und ich haben viel Zeit uns kennenzulernen. Schon nach wenigen Augenblicken findet Jona die Brust und beginnt zu saugen. So lässt sich nachher im Geburtsbericht auch bei fast jedem zweiten Satz lesen: „Jona saugt.“ „Jona saugt weiterhin.“ „ Jona saugt an der anderen Seite.“…
Nach einer langen Weile kommt Nike, um sich Jona genau anzusehen und zu vermessen. Wir sind alle ganz neugierig auf seine Größe und sein Gewicht. Und mit 54cm und 4170g ist er 4cm größer und über ein Kilo schwerer als unser älterer Sohn bei der Geburt. Gut, dass ich das vorher nicht wusste!!!
Anschließend begleitet mich Nike ins Bad, wo ich dusche. Danach wechsele ich ins Bett und schon ist Jona wieder bei mir. … und saugt…
Jetzt machen sich Nike, Sabine und Franziska auch bald auf den Weg. Ich bin glücklich, erleichtert, natürlich auch geschafft und genieße es, Jona bei mir zu haben.
Ich bin froh, dass alles so gut geklappt hat und ich mich dazu entschlossen hatte, zu Hause zu entbinden. Die Begleitung und Unterstützung der Hebammen des Geburtshauses Bielefeld war durchgehend super – kompetent und einfühlsam. Angefangen beim Infoabend mit Lisa und Sabine, den Vorsorgen bei Edith, Anna und Nike, dem Geburtsvorbereitungswochenende mit Sabine und schließlich der Geburt zu Hause, wo Franziska noch dazu kommt.
Auch die Wochenbettbetreuung von Nike und Edith ist wunderbar. Jetzt steht noch der Rückbildungskurs bei Jana aus.
Vielen, vielen Dank euch allen für die super Arbeit, die ihr geleistet habt und weiterhin leistet. Ich kann euch nur weiterempfehlen!!! So einen ruhigen, angenehmen, friedlichen Start ins Leben hätte ich meinem Großen auch gewünscht und hoffe, dass viele andere Kinder so sanft zur Welt kommen.