Nachdem die Geburt unseres ersten Sohnes ein absoluter Krankenhausalptraum gewesen war, stand für uns fest: Die zweite Geburt muss unbedingt anders werden. Mein Bedürfnis dabei war, so weit wie möglich weg von Kliniken und Ärzten zu entbinden. Deshalb meldete ich mich früh im Geburtshaus. Im Laufe der Schwangerschaft bei den Vorsorgeuntersuchungen mit den verschiedenen Hebammen wurde sowohl für mich als auch für meinen Mann immer deutlicher: Dieser Ort ist ein guter Ort für uns. Die Hebammen nahmen sich alle viel Zeit für uns und unsere Geschichte und signalisierten uns – jede auf ihre eigen Art – dass wir im Geburtshaus in jedem Fall eine andere Erfahrung machen würden. Mit der Zeit entstand ein unglaublich sehnlicher Wunsch, hier, in diesem schönen Raum mit dem großen Himmelbett, begleitet von diesen tollen Hebammen, unser zweites Kind zur Welt zu bringen.
Vorher wurde ich jedoch noch auf eine Zerreißprobe gestellt: Das Baby wollte einfach nicht kommen. Eine Woche nach dem errechneten Termin wurden meine Nerven dünn, ab dem neunten Tag weinte ich jede Nacht bitterlich vor Enttäuschung und Verzweiflung, denn ich wusste genau: Das Geburtshaus darf mich nur 14 Tage über den Termin begleiten, danach muss ich in die Klinik zur Einleitung – mein Alptraumszenario. Ich probierte sämtliche Hausmittel aus, aber es tat sich nichts. Gott sei Dank stärkten mich die Hebammen bei den eng getakteten Kontrollterminen sehr und gaben mir das Vertrauen, dass es meinem Baby gut geht. Den Nachmittag des 12. Tages verbrachten wir mit engen Freunden im Kindertrubel, aßen selbstgebackene Zimtschnecken und bestellten uns abends ungesundes Essen. Vielleicht war das die Entspannung, die ich gebraucht hatte, denn in der Nacht bekam ich endlich, endlich Wehen.
Um halb 6 morgens am 13. Tag rief ich die Rufbereitschaft an und hatte eine verschlafene Edith am Telefon. Wir organisierten einen Babysitter für den Großen und machten uns gegen 7 Uhr auf den Weg. Ich war so glücklich, mit Geburtswehen in das schöne Himmelbettzimmer zurückzukommen! Bald schon holte Edith Alex dazu und außerdem die Hebammenschülerin Clara, sodass gleich drei Frauen an unserer Seite waren. Die Geburt geschah dann von ganz alleine, es war im Grunde überhaupt kein Eingreifen nötig. Und doch waren die drei Hebammen ganz nah bei mir, hatten mich immer im Blick, kontrollierten ganz regelmäßig die Herztöne des Babys, stärkten mich mit freundlichen Worten, motivierten mich sanft zu Positionswechseln, gaben mir Gegendruck, versorgten uns mit Getränken. Ich konnte ganz bewusst spüren, wie sich die Wehen veränderten, wie die Fruchtblase platzte, wie sich das Baby durch den Geburtskanal schob. Und ich erinnere mich an so viele kleine Momente, die mir unglaublich gut getan haben: Als ich eine ganze Zeit lang in der Seitlage verbrachte, hielt Clara mit stoischer Ruhe und Ausdauer meine Beine fest. Als ich nach einer intensiven Wehe anfing zu weinen, weil mich die Erinnerungen an die letzte Geburt einholten, hockte Edith sich neben mich, fragte mich ganz sanft, was mir durch den Kopf gehe und suchte mit uns nach Ideen zur Ablenkung. Als ich kaum noch konnte, gab sie mir Rückmeldung dazu, wie viel bei der letzten Wehe passiert sei oder sagte sie mir „Du bist so viel stärker als du denkst“. Und als ich – gehalten von meinem Mann – in der tiefen Hocke saß und das Köpfchen unseres Sohnes herauskam, hielt Alex uns strahlend vor Freude einen Spiegel hin, sodass wir alles selbst sehen konnten. Ein unglaublicher Augenblick.
Jonte kam um 10:51 Uhr zur Welt, an einem spätsommerlichen Augustsamstag. Dem 13. Tag nach dem errechneten Termin. Natürlich war die Geburt furchtbar schmerzhaft und zwischendurch dachte ich auch immer wieder, dass ich es nicht schaffe. Aber schon eine Minute nachdem Jonte da war, wurde sie zu einer wunderschönen Erinnerung. Und das ist sie bis heute. Auch die Stunden danach –
die Nachgeburt, das Kuscheln, das Nähen, das Frühstück, das Kreislaufaufpäppeln und der Abschied – sind mir in so guter Erinnerung geblieben. Ich bin unendlich dankbar für die ruhige, friedliche, herzliche und gleichzeitig professionelle Atmosphäre, die die drei Hebammen geschaffen haben. Ich habe mich in jeder Sekunde absolut sicher und liebevoll behandelt gefühlt. Noch lange Zeit danach war ich regelrecht beseelt und die schöne Erinnerung hat mich durch die Höhen und Tiefen des Wochenbetts getragen.
Jontes Geburt hat nicht nur meinen sehnlichen Wunsch erfüllt, sondern wirklich übertroffen. Tausend Dank dafür, von Herzen.