Am 25.09.21 begannen die ersten Veränderungen und ich spürte unregelmäßige Wehen. Mittags entschlossen wir uns dafür, die Rufbereitschaft des Geburtshauses zu wählen und Edith erklärte uns, dass es sich nach echten Geburtswehen anhört, aber es in beide Richtungen gehen kann: die Geburt geht relativ zügig los oder aber die Wehen verschwinden wieder. Also beschlossen wir, einfach abzuwarten und ab und zu die Wehendauer und -Abstände zu messen. Da es unverändert blieb, gingen wir am Abend zu Bett und am nächsten Morgen waren die Wehen etwas weniger geworden.
Also machte ich noch einen langen Spaziergang mit unserer Hündin Lotte am Morgen und nachmittags waren wir ein Eis essen. Im Sitzen waren die Wehen intensiver- na klar, immerhin drückte sich der große Bauch ja auch zusammen. Also dachte ich mir nichts weiter dabei und so fuhren wir wieder nach Hause. Dort angekommen blieb die etwas stärkere Art der Wehen und ich entspanne mich auf dem Sofa. Als ich aus Neugier erneut getrackt habe, war ich doch etwas erstaunt. Mittlerweile hatte ich regelmäßig etwa alle 3-5 Minuten Wehen über 45-75 Sekunden. Damit hatte ich gar nicht mehr gerechnet, denn den Tag über habe ich diese Wehen nicht wirklich als sehr schmerzhaft oder voran treibend empfunden.
Also zog ich mich um, machte intuitiv vorher noch ein Foto von meinem geliebten Bauch und bemerkte beim Gehen, dass die Wehen bei der Bewegung doch etwas intensiver spürbar waren als im Liegen. Gegen 20 Uhr schrieb ich Dennis, er solle sich doch bitte auf den Weg machen weil ich denke ihn zu brauchen – gleichzeitig schrieb er mir, er habe Feierabend und komme nun nach Hause. Er musste leider den gesamten Tag über arbeiten.
Als er um 20:15 Uhr zu Hause war, erzählte ich ihm davon, dass die Wehen stärker und regelmäßiger waren und wir hatten beide den Wunsch erneut die Rufbereitschaft zu wählen um durch eine Untersuchung zu wissen, ob es echte Wehen sind und sich tatsächlich schon etwas tut.
Plötzlich verspürte ich den Drang, zur Toilette zu müssen. Also ging ich ins Bad und Dennis rief Edith erneut an und berichtete ihr den aktuellen Stand. In einer Wehenpause sprach ich mit Edith ab, dass sie erstmal zu uns nach Hause kommen solle um zu untersuchen, ob sich etwas tut was der Geburt näher kommt. Zu dem Zeitpunkt war ich total entspannt und befürchtete, dass die Wehen nichts bringen da ich sie als nicht schmerzhaft empfand. Denn das hatte ich mir immer vorgestellt. Aber bis dahin waren sie besser zu ertragen als so manche Übungs- oder Senkwehe.
Kaum aufgelegt, sollte ich eines besseren belehrt werden. Wie aus dem nichts wurden die Wehen plötzlich ganz stark und krampfhaft und die Wehenpausen betrugen teilweise nur noch wenige Sekunden, sodass ich die Toilette nicht mehr verlassen konnte.
Dennis sorgte dafür, dass Lotte abgeholt wird und er lief den Flur auf und ab und wir lachten uns gegenseitig aus, weil die Wehen so plötzlich schmerzhafter wurden, dass ich sie bereits veratmen musste und auch das ein oder andere Schimpfwort fiel.
Um 21.15 Uhr traf Edith dann ein und ich empfang sie bereits unter dem Gefühl, pressen zu müssen. Gott sei dank drängte sie mich dazu, die Toilette zu verlassen und nach einigen Anläufen rannte ich in einer Wehenpause zum Sofa und schmiss mich davor. Als sie mich in einer etwas längeren Wehenpause endlich untersuchen konnte, war mein Muttermund bereits 8cm geöffnet und das Köpfchen unseres Babys drückte schon. Hui, damit hatte ich 60 Minuten vorher mal so gar nicht gerechnet!
Nun hockte ich also im Wohnzimmer, schrie ins Handtuch und presste schon mit. Edith sagte, wir müssten uns zügig entscheiden wie es weiter gehen soll. Zeitlich würden wir es noch ins Geburtshaus schaffen, aber es würde auch nichts dagegen sprechen eine Hausgeburt zu machen. Ich konnte vor lauter Wehen nicht aussprechen, was ich dachte aber ja, eine Hausgeburt klang für mich als sei es die einzige logische Option. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich überhaupt noch ins Auto steigen sollte!
Da ich nichts sagte, entschieden Dennis und Edith gemeinsam, dass wir blieben und Dennis besorgte Handtücher und Decken um den Boden auszulegen. Er war die Ruhe in Person und hatte sogar noch den Überblick, die alten Handtücher zu nehmen damit ich nicht sauer bin, wenn Neue verschmutzt werden.
Währenddessen wurde mir langsam bewusst, dass wir unseren Sohn tatsächlich bald in den Armen halten würden und der Gedanke daran, machte die Schmerzen erträglich.
Gegen 21.30 Uhr wurde Lotte abgeholt, die bis dahin die ganze Situation entspannt von ihrem Körbchen aus beobachtete.
Um 21.55 Uhr traf Lisa mit dem Hausgeburtenkoffer ein und 10 Minuten später folgte die Auszubildende Franzi. Gerade noch rechtzeitig trafen sie ein, denn nach einem zeitlich perfekt von Edith angedachtem Positionswechsel in die tiefe Hocke und kurzer Intervention, um Dammrisse möglichst gering zu halten, drückte sich Mats heraus. Edith konnte ihren Satz „Das Köpfchen ist schon draußen“ kaum beenden, da presste ich in derselben Wehe noch einmal nach und sie verbesserte sich mit den Worten „Er ist da“. Um 22:14 Uhr erblickte Mats Lino in unserem Wohnzimmer das Licht der Welt.
Ein unfassbares Gefühl, ihn das erste mal im Arm zu halten. Ganz neugierig schaute er uns mit seinen großen blauen Kulleraugen an und nach kurzer Zeit kam der erste Schrei. Er wirkte gesund und zufrieden. Nachdem die Nabelschnur auspulsiert war und Dennis sie durchschneiden durfte, konnte die Plazenta heraus gezogen werden. Sie war herzförmig und Mats hat sein kleines zu Hause auf Zeit perfekt ausgenutzt.
Nachdem die Formalitäten von den Hebammen ausgefüllt wurden, während wir die ersten Kuschelminuten genossen, begleiteten sie uns noch nach oben.
Edith half Dennis bei der ersten Versorgung von Mats, Lisa und Franzi halfen mir beim duschen.
Anschließend lagen wir drei zusammen kuschelnd im Bett und die Hebammen verließen gegen 0.30 Uhr das Haus und wir genossen unsere erste Nacht als kleine Familie.
Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei den Hebammen des Geburtshauses, die uns sowohl in der Schwangerschaftsvorsorge, während der Geburt und auch im Wochenbett wunderbar unterstützt haben. Insbesondere geht uns Dank an Edith, die uns bei der spontanen Entscheidung zur Hausgeburt jederzeit ein sicheres und wohlfühlendes Gefühl gegeben hat und uns auch im Wochenbett mit Rat und Tat zur Seite stand!
Von Herzen,
Michelle und Dennis mit Mats