Eigentlich begann alles am 28.09.2018, eine Woche vorm ET:
Am späten Nachmittag war ich beim Ballett und scherzte mit der Ballettlehrerin, dass die Kleine sicherlich noch lange drinbleiben wird. Ich sprang Grand Jetés, drehte (dank Bauch) schwungvolle Pirouetten und fuhr anschließend erschöpft aber glücklich mit dem Fahrrad nach Hause.
Wir hatten abends noch Besuch, währenddessen drückte sich das Baby immer wieder unangenehm raus – im Nachhinein frage ich mich, ob das nicht schon erste Wehen waren?
Die Nacht war dann anstrengend, ich habe kaum ein Auge zugemacht. Es zog und drückte, klassische Senkwehen, dachte ich.
29.09.2018: morgens sind wir spazieren gewesen, das ziehen im UL war noch da, aber nach wie vor dachte ich mir nichts dabei, immerhin war ich auch da noch fest davon überzeugt, dass die Geburt noch einige Tage auf sich warten lassen wird.
Wieder zuhause hat mein Partner mich ins Bett geschickt, da ich aufgrund der Nacht recht erschöpft war. Aber das Ziehen wurde nicht besser.
Also bin ich zur Entspannung in die Wanne und habe aus Neugierde eine Wehen-App runtergeladen. Dachte ich übe mal für den Ernstfall. Immer wenn das Baby sich „rausdrückte“ und es in Folge dessen im UL zog, habe ich auf „Start“ gedrückt und auf „Stopp“, wenn der Bauch wieder normaler aussah und das Ziehen aufhörte.
Laut App wiederholte sich dieses Spiel alle 5-6 Minuten und dauerte so 45 Sekunden an. Huch? Könnten das…? Google angeschmissen, allgemeiner Tenor: „Echte Geburtswehen erkennt man sofort, die tuen unglaublich weh.“
Ne, das sind dann wohl keine Geburtswehen.
Gegen 16 Uhr, dieses Ziehen kam nach wie vor alle 5 Minuten und wird auch in der Wanne nicht weniger. Das ließ mich wieder stutzen, ich rief also meine Schwester an, habe ihr beschreiben, was passierte und wie es sich anfühlte. Ihr Fazit: „das sind Geburtswehen“. Erste Reaktion meinerseits: „Aber ich habe heute keine Zeit!“
Ich habe entschieden, dass das sicherlich ein Fehlalarm ist und habe einfach in der Wanne weitergechillt.
Nach der Wanne informierte ich aber doch meinen Partner, dass es „ganz ganz vielleicht, aber eher nicht“ heute losgeht und ich nun einen Kuchen backe, wie für den Tag der Geburt geplant.
Als der Kuchen um 18 Uhr im Backofen war, hatte ich das Bedürfnis, im Geburtshaus anzurufen. Mittlerweile waren die Wehen etwas stärker und ich musste mich unterdessen vermehrt auf meine Atmung konzentrieren. Fand sie aber ansonsten gut auszuhalten und nicht wirklich schmerzhaft, weswegen ich weiterhin skeptisch war.
Am Telefon war Johanna, ich hatte während des Gesprächs eine Wehe und ihr detailliert geschildert, wie sich diese anfühlt und wie sie aussieht.
Sie bestätigte, dass das wohl Geburtswehen sind, aber ich solle mich noch etwas gedulden. Da ich problemlos unter einer Wehe reden kann und diese meist unter 1 Minute andauern, wird das wohl noch dauern. Wir machen ab, dass ich erstmal zuhause bleibe und darauf warte, dass die Wehen intensiver werden.
Um 19:45 Uhr rief ich erneut Johanna an, da die Wehen nun schon 90 Sekunden andauerten und reden während einer Wehe nicht mehr ging, zu sehr musste ich mich auf die Atmung konzentrieren. Auch sonst war ich immer weniger ansprechbar und sehr in meiner eigenen Welt.
Johanna schickte mich in die Wanne und wenn ich meine, danach will ich los, soll ich anrufen und sie macht sich auf den Weg.
Also Wannensession Nr. 2. Verglichen zur Ersten war diese deutlich unangenehmer: sitzen ist doof und der Wannenboden hart.
Was ich gruselig und faszinierend zugleich fand: in den Wehenpausen hat das Baby sich regelmäßig bewegt, dann blubberte es untenrum. Ich schlussfolgerte, dass der Muttermund wohl mittlerweile ein Stück weit geöffnet ist.
Um 20:30 Uhr bin ich raus, mein Partner half mir beim Anziehen. Nochmal auf Klo, dort geht der Schleimpfropf blutig ab. Ich rufe ein letztes Mal Johanna an und gebe Bescheid, dass wir gleich losfahren. Immerhin haben wir auch noch eine weitere Strecke vor uns.
Es war im Auto, vermutlich so um 21:20-21:30 Uhr, als die Wehen plötzlich merkwürdig wurden.
Während einer Wehe krampfte sich alles zusammen. Das war so eine Urgewalt und ich habe ziemlich merkwürdige Geräusche von mir gegeben. Da ich bis dato unter Wehen keinen Pieps von mir gegeben hatte, war mein Partner etwas erschrocken und wollte erstmal rechts ranfahren. Aber ich wollte auf schnellsten Wege ins Geburtshaus. Vielleicht war es das „der Druck nach unten“, von dem Johanna am Telefon sprach? Denn nun drückte es tatsächlich.
21:40 Uhr: wir sind endlich am Geburtshaus angekommen. Mein Partner hat mich zur Tür gebracht, wo Johanna mich entgegennahm. Das Geburtszimmer war schön dunkel und ich fühlte mich sofort wohl, ließ mir von Johanna die Schuhe ausziehen (der Bauch…) und wurde dann auf Klo geschickt: zum Entleeren „so gut es geht“.
Diese krampfartigen Wehen waren in der Zwischenzeit Wehen gewichen, die sich eher anfühlten, als müsste ich dringend auf Klo. Ich dachte mir aber nichts weiter dabei, fand es eigentlich sogar ganz praktisch, dabei auf Klo zu sitzen. Nach 4 Wehen, in denen nix kam, habe ich das mit dem „Entleeren“ aufgegeben.
Nun war es etwa 21:55 Uhr. Kaum runter vom Klo fühlte es sich plötzlich komisch an zwischen den Beinen. Ich lief breitbeinig zu Johanna, die kurz die Herztöne und den Muttermund überprüfen wollte.
Wir warteten eine sich gerade anbahnende Wehe ab. Ich stemmte die Hände in die Hüfte (als eine Art Gegendruck) und konzentrierte mich auf meine Atmung.
Als die Wehe vorbei war, wurde dann nach dem Herz gehört, es wummerte ordentlich, laut Johanna „alles bestens“. Die nächste Wehe kam und ging, ich zog zügig die Hose aus und legte mich aufs Bett zur Muttermund-Kontrolle, viel Zeit war ja nicht zwischen den Wehen.
Johanna vermeldete ein erstauntes: „Du bist vollständig eröffnet“ – und das, was ich da spüre, ist die Fruchtblase!
Edith, die als Back-Up-Hebamme im Dienst war, wird Bescheid gegeben, dass sie sich am besten sofort auf den Weg machen sollte.
Und dann sagte Johanna allen Ernstes zu mir: „Wenn du willst, kannst du bei der nächsten Wehe versuchen mitzupressen“. Damit hatte ich nicht gerechnet, wartete ich doch immer noch auf die schmerzhaften Geburtswehen, von denen immer alle sprechen.
Folien wurden auf den Boden ausgelegt, mein Partner angewiesen sich auf den Rand des Bettes zu setzen und ich davor in eine tiefe Hocke. Überrumpelt wie ich war, ließ die nächste Wehe auf sich warten.
Als diese dann endlich einsetzte, konzentrierte ich mich darauf, „richtig“ zu atmen. Tief nach unten, wie ich es vorher mithilfe von YouTube-Videos geübt hatte.
Und dann war der Kopf schon halb da. Die Fruchtblase war immer noch intakt, also hat Johanna diese manuell geöffnet.
„Sie hat ganz viele Haare!“ sagte sie und ich dachte„die verarscht mich doch“ 😀
Auch wurde ich gefragt, ob ich das Köpfchen anfassen mag, aber ich verneinte. Keine Zeit, ich musste mich konzentrieren!
Nächste Wehe, und wieder tief nach unten atmen. Und dann machte es plöpp und der Kopf hing zwischen meinen Beinen. Ein Mix aus Erleichterung und Begeisterung erfasste mich.
Auch sah ich nun die Haare. Johanna hatte nicht gelogen, da waren wirklich ganz viele dunkle Haare.
Noch eine Wehe, noch einmal tief nach unten atmen und dann machte es schwupp und ein kleines, winziges Baby lag schreiend vor mir. Es war 22:11 Uhr. Dreißig Minuten nach der Ankunft im Geburtshaus war unsere kleine Nila geboren.
Ich heulte, wie ich im Leben noch nicht geheult hatte.
Man bekommt es vorher erzählt, aber dieses Gefühl, diese Überwältigung, das war der Wahnsinn.
Sie war sooo perfekt und sooo süß! Und sie war putzmunter.
Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus, streichelte sie ganz vorsichtig und redete meine ersten Worte „Es ist wirklich ein Mensch!“
Nach auspulsieren und abnabeln wurden wir aufs Bett verfrachtet und durften nun ganz in Ruhe zu dritt kuscheln. Es war wirklich idyllisch.
Edith kam zwischenzeitlich, etwas zu spät 😉
Die Plazenta kam eine halbe Stunde später nach zwei weiteren Wehen.
Kleiner Wermutstropfen: da die Geburt am Ende so rasant ging, habe ich leider mehrere Risse davongetragen und musste genäht werden. Auch war mein Kreislauf zwischenzeitlich ganz schön im Keller, da spürte ich dann erstmals, was eine Arbeit mein Körper an diesem Tag geleistet hatte.
Die U1 wurde von Edith und dem frischgebackenen Papa durchgeführt, dann gab es noch eine Stärkung mit Brot, Joghurt und Obst, während Nila das erste Mal gestillt hat. Als mein Kreislauf wieder stabiler war konnten wir nach Hause.
Nun sind fast 8 Wochen rum, wir sind schwer verliebt in unsere kleine, perfekte Tochter und ich denke immer wieder gerne an diese Traumgeburt zurück. Auch wenn ich gedacht hatte, ich würde unter der Geburt mehr Zeit im Geburtshaus verbringen, war es doch perfekt wie es war. Besonders schön ist es, dass mit Johanna die Hebamme die Geburt durchführte, bei der ich den ersten Termin während der Schwangerschaft im Geburtshaus hatte. So wurde der Kreis geschlossen 🙂