Spannende Landung auf dem Planeten Erde
Als ich am 04.03.2020 morgens um 05.30Uhr etwas Fruchtwasser bemerkte, war ich noch sehr ruhig und wollte es erstmal noch ein bisschen mit Schlafen versuchen. Daraus wurde dann jedoch nichts, denn die ersten Wehen gingen los und ich merkte: das waren keine Probewehen :-D.
Da hinter mir eine unkomplizierte Schwangerschaft lag, fühlte ich mich bereit für alles was da kommen möge (Naja so „bereit“ man sich vor einer unbekannten Situation halt fühlen kann). Von unserem kleinen Baby hatte ich viel gespürt und somit das Gefühl, dass wir uns schon etwas kannten.
Vormittags meldeten wir uns im Geburtshaus – natürlich kamen die Wehen noch in recht langen Abständen und wir bekamen die Info, dass diese über den Tag auch nochmal schwächer werden und gegen Abend dann wieder an Intensität zunehmen könnten. Auf einen gefühlt „langen“ Prozess hatte ich natürlich keine Lust, aber schnell wurde ich durch die Wehen von diesem Gedanken abgelenkt. In den folgenden Stunden versuchten wir eine Mischung aus Ablenkung und Bewegung. Wir drehten eine langsame Runde durchs Viertel, kauften Leckereien auf den Markt und mein Partner schaffte es sogar, mich zum Baden zu motivieren. Ich hätte es vorher nicht gedacht, aber es entspannte mich wirklich. Um 17Uhr fuhren wir zur verabredeten Kontrolle ins Geburtshaus. Wie vorher schon am Telefon, waren wir gut beraten durch Kathi, die meinte, es würde zwar voran gehen aber ein bisschen mehr müsste noch passieren. Also erst mal wieder zurück nach Hause. Die Wehen wurden zum Abend hin stärker, kamen ca. alle 5-10 Minuten, dauerten jedoch keine Minute an. Also nochmal baden und viel Zuspruch durch meinen Partner. Auch Folgendes habe ich vorher nicht geglaubt: zwischen zwei Wehen lässt sich tatsächlich kurz einnicken – na ja, der Tag war ja auch schon anstrengend genug gewesen.
Um 01:00 Uhr (dann ja schon der 05.03.2020) fuhren wir ins Geburtshaus. Die folgenden Stunden wurde ich von Kathi und meinem Partner super gut unterstützt – ich gab nochmal alles und Kathi ermutigte mich durch viel Zuspruch. Wir ließen keinen Trick aus, um den Geburtsvorgang, trotz noch immer nicht „perfekten“ Wehen voranzubringen. Diverse Positionen, um dem Baby bei dem letzten bisschen Drehung zu helfen, den Johannisberg rauflaufen (okay, ich gebe zu: ich hatte nur Schlappen an, auf Schnürsenkel und Schuhe, wollte ich echt keine Energie mehr verschwenden:-D). Auch die Treppen im wunderschönen Treppenhaus des Geburtshauses nahm ich, in den frühen Morgenstunden, noch mit recht viel Elan. Die Zeit war leider gegen uns und trotz voranschreitender Geburt, fehlte das letzte bisschen. Wider Erwarten hatte sich das Kind immernoch nicht passend in das Becken gedreht – die Kopfform hätte genau in das Becken passen sollen. Dazu kam eine zweite Fruchtblase, welche sich zwischenzeitig gebildet hatt, sodass das Kind nicht weit genug absinken konnte. Gegen Morgen verließen mich die Kräfte. 24 Stunden alles gegeben. Zur Beratschlagung der Lage kam Johanna hinzu.
Ich fühlte mich bei meinen jetzt drei Mitstreiter*innen in sehr guten Händen und gut beraten – die Kraft, etwas allein zu entscheiden, hätte ich nicht mehr gehabt. Also ab ins Franziskus (ca. 07:00 Uhr). Johanna hat gut auf mich aufgepasst und mir aufgrund meiner aufgebrauchten Energiereserven eine PDA empfohlen. PDA? Das wollte ich doch gar nicht! Oder jetzt doch? Meine Skepsis gegenüber Entbindungen
in Krankenhäusern war dieser voreingenommenen Meinung geschuldet. Dazu kam das Gefühl, dass mir in einem Krankenhaus vermutlich früher oder später ein Kaiserschnitt empfohlen werden würde. Naja, den wollte ich ja nun auch nicht. Die Aussicht auf ein paar Stunden Schlaf und es dann mit wiedergewonnener Kraft erneut zu versuchen, ließ die PDA doch als eine sinnvolle Variante erscheinen. Leider musste ich auf diese dann doch recht lange warten. In dieser Zeit war die nette Hebamme aus dem Franziskus und vor allem mein Partner eine unglaubliche Unterstützung! Ich konnte auf jeden Fall nicht mehr. Als die Erlösung dann endlich kam, wirkte sie schnell und erschöpft nickte ich ein.
Natürlich wurde ich im Kreissaal nicht lange schlafen gelassen (wäre ja auch zu schön gewesen
), denn ich sollte regelmäßig auf bestimmte Werte gecheckt werden. Als ich geweckt wurde, war mein Partner gerade zur Stärkung in der Kantine und ich ehrlich gesagt, sehr gut drauf (oder vielleicht auch etwas high von den Medikamenten…). Ich spürte keine Schmerzen mehr und war optimistisch, dass jetzt alles doch noch klappen würde. So verstand ich auch die Hebamme, mit der ich jetzt – unglaublich aber wahr- sogar ein kleines Pläuschchen halten konnte. In den folgenden Stunden, fehlte jedoch weiterhin das letzte Bisschen. Unserem Baby fehlte das letzte Stückchen Drehung. Durch die PDA hatte ich nicht das Gefühl, noch richtig gut „mitschieben“ zu können…
Irgendwann ließ der Arzt den Kaiserschnitt vorbereiten – die Länge des Geburtsprozesses war wohl mittlerweile zu risikoreich für das Baby und mich. Mein Partner und ich sprachen uns für einen letzten Versuch aus, dem Baby eine „natürliche“ Landung zu ermöglichen und alle Anwesenden gaben nochmal Alles. Um 11:50Uhr, dann ein kurzer Schockmoment als die Herztöne sanken – dann eine schnelle Entscheidung für die Saugglocke und ich sah etwas umwickeltes Unförmiges und hörte den Arzt zählen:“ eins, zwei, drei“ als er etwas abwickelte – ich dachte nur „ach du Scheiße, die Nabelschnur!!!!!“…
Dann war der kleine Erdenbürger schon in meinem Armen und quakte. Alles war gut, alles war dran! Der Schock mit der dreifach umwickelten Nabelschnur (das war der Grund für die unvollständige Drehung), saß mir und meinem Partner noch etwas in den Knochen aber unserem Kleinem fehlte nichts -ganz im Gegenteil
Sehr sehr sehr sehr glücklich – es ist ein Gefühl was ich gar nicht erst versuche besser zu beschreiben (unmöglich) – machten wir es uns zu dritt im engen Krankenhausbett bequem.
Das war eine spannende Landung auf dem Planeten Erde, kleiner Juri – wir freuen uns, dass du es geschafft hast!
Margarita schrieb am :
Herzlichen Glückwunsch zum kleinen Erdenbürger!
Wirklich sehr toll geschrieben und macht Mut für eine (vielleicht auch ungeplante) Geburt im Krankenhaus!
Übrigens auch eine sehr schöne Nameswahl, mein Papa heißt auch Juri!
Viele Grüße und beste Gesundheit
Margarita